- Gliederung
- Einleitung
- Standesrecht und Zivilrecht
- Arbeitnehmer
- Freie Mitarbeit
- Der fixierte Sozius und die unechte Sozietät
- Gemeinsame Probleme
F. Gemeinsame Probleme
I. Das Verbot der Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO
Gemäß § 146 StPO kann ein Verteidiger nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte (Satz 1) oder in einem Verfahren gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte (Satz 2) verteidigen. Fraglich ist, ob der Prinzipalanwalt und sein Mitarbeiter (Angestellter oder freier Mitarbeiter) als "ein Verteidiger" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind oder ob auf sie diese Vorschrift zumindest entsprechend anzuwenden ist.
Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst der Sinn und Zweck dieser Vorschrift zu ermitteln.
1. Sinn und Zweck des § 146 StPO
§ 146 StPO hatte durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrens vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, 3686 (3687)) folgende Fassung erhaltend:
"Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen gemeinschaftlichen Verteidiger ist unzulässig."
Erst durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 vom 27. Januar 1987 (BGBl. I, 475) erhielt § 146 StPO die oben beschriebene, heutige Fassung. Dies ist bei der Lektüre und Beurteilung älterer Entscheidungen und Literatur zu beachten.
Die Vorschrift des § 146 StPO dient zur Vermeidung von Interessenkollisionen (1).
Die Gefahr, dass es bei der Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen Anwalt zu Interessenkollisionen kommt, lässt sich in keinem Fall ausschließen (2). Der gemeinschaftliche Verteidiger kann seiner Beistandsfunktion gegenüber mehreren Beschuldigten nicht gerecht werden, wenn der eine Beschuldigte, um
sich zu entlasten oder eine Strafmilderung zu erreichen, den anderen belastet oder belasten müsste (3). Er kann diesem Konflikt unter Umständen nicht einmal
durch Niederlegung eines der Mandate ausweichen (3). Das Verbot gemeinschaftlicher Verteidigung mehrerer derselben Tat Beschuldigter soll solche Interessenkollisionen von vornherein ausschließen (4).
Dass sich der Verteidiger mehrerer in demselben Verfahren Beschuldigter auch dann vor Interessenkonflikte gestellt sehen kann, wenn diesen Beschuldigten nicht dieselben Taten zur Last gelegt werden, liegt auch auf der Hand (5). Die Terminsgestaltung, die Auswahl der Sachverständigen, die Stellung von Beweisanträgen oder ihre Unterlassung, die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten, die Möglichkeit der Richterablehnung und vieles mehr, sind Fragen, die sich für jeden Angeklagten anders und den Interessen seiner Mitangeklagten möglicherweise widerstreitend stellen können (6).
Hinsichtlich der Neufassung 1987 wird einerseits die Ansicht vertreten, hierdurch sei das Verbot der Mehrfachverteidigung auf den Umfang beschränkt worden, der aus Sachgründen unerlässlich sei (7), anderseits wird befürchtet, sie werde dem Anliegen, Interessenkonflikten vorzubeugen, nicht mehr gerecht (8).
Interessant auch für zusammenarbeitende Rechtsanwälte dürfte sein, dass aufgrund dieser Neufassung nunmehr die sukzessive Mehrfachverteidigung nicht mehr verboten ist (9). Den Fällen eines konkreten Interessenwiderstreits außerhalb des Anwendungsbereichs des § 146 StPO muss allerdings nunmehr der Verteidiger selbst - bei Berücksichtigung des anwaltlichen Standesrechts - gerecht werden; die Möglichkeit der Zurückweisung durch den Strafrichter besteht nicht mehr (10).
Der Begriff des "Verteidigers" meint schon nach natürlichem Sprachverständnis die Einzelperson und wird innerhalb des Gesetzesrechts ausschließlich in diesem
Sinne verwendet (11). Die Situation, die § 146 stop vermeiden will, droht nur, sofern mehrere Beschuldigte ein und dieselbe Person zum Verteidiger haben (11). Werden sie von verschiedenen Personen verteidigt, so scheidet die Möglichkeit, dass der Widerstreit ihrer Interessen die Verteidiger in einen Pflichtenkonflikt bringt, von vornherein aus (12). § 146 StPO greift daher nur ein, falls sich mehrere Beschuldigte zu ihrer Verteidigung ein und derselben Person bedienen (13). Demgemäß können mehrere Rechtsanwälte einer Sozietät gleichzeitig mehrere Beschuldigte verteidigen (14). Keiner der einer Sozietät angehörenden Rechtsanwälte ist nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch die Assoziierung gehindert, seinen Mandanten ohne Rücksicht auf die Belange der Mitbeschuldigten so zu verteidigen, wie es ihm notwendig erscheint (15).
Die Auffassung, dass die getrennte Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch verschiedene Rechtsanwälte einer Sozietät unstatthaft sei, ermangelt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts aber nicht nur der gesetzlichen Grundlage, sie ist vielmehr auch unabhängig davon mit dem Recht des Anwalts auf freie Berufsausübung nicht zu vereinbaren. Es geht nicht an, die Behinderungen und Beschränkungen der anwaltlichen Berufstätigkeit, welche die abgelehnte Auffassung zur Folge haben würde, allein an den Umstand zu knüpfen, dass die Rechtsanwälte in einer Sozietät zusammengeschlossen sind. (15)
2. Anwendbarkeit des § 146 StPO auf durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte
Auch durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte würden in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Berufsausübung beeinträchtigt, wenn ihnen die Verteidigung mehrerer gemeinsam Beschuldigter untersagt würde.
Ein solcher Eingriff in die anwaltliche Berufsausübung wäre als Berufsausübungsregelung auch nur statthaft, soweit er sich durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen ließe und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügte, wobei davon auszugehen ist, dass die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen unterliegt (16).
Auch durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte sind grundsätzlich nicht gehindert, jeweils ihre Mandanten ohne Rücksicht auf die Belange der Mitbeschuldigten so zu vertreten, wie es ihnen jeweils notwendig erscheint. Beim Anwalt, der freier Mitarbeiter ist, sind die Bindungen an den Prinzipalanwalt sogar regelmäßig weniger eng als etwa unter langjährig assoziierten Anwälten. Aber auch die Bindungen des Arbeitnehmeranwalts an den Arbeitgeberanwalt unterscheiden sich qualitativ nicht derart von den Bindungen der Anwälte innerhalb einer Sozietät, dass eine unterschiedliche Behandlung dergestalt gerechtfertigt wäre, § 146 StPO entgegen seinem Wortlaut dahingehend auszulegen, dass er auf durch ein Arbeitsverhältnis verbundener Rechtsanwälte Anwendung findet.
Zwar ist der Arbeitnehmeranwalt grundsätzlich weisungsgebunden (17). Diese Weisungsunterworfenheit gilt aber selbstverständlich nicht in Bezug auf die von ihm eigenverantwortlich wahrgenommene Verteidigertätigkeit. Der Beschuldigte hat ihn nämlich persönlich beauftragt (andernfalls fände gegebenenfalls § 146 StPO unmittelbar Anwendung), unbeschadet dessen, dass er möglicherweise verpflichtet ist, die Einnahmen aus der Verteidigertätigkeit an den Arbeitgeber abzuführen.
Es ist also kein hinreichender Grund dafür vorhanden, § 146 StPO entgegen seinem Wortlaut auf durch ein Beschäftigungsverhältnis miteinander verbundene Rechtsanwälte anzuwenden.
Im übrigen würde die gegenteilige Ansicht auf praktische Schwierigkeiten stoßen. Der zur Zurückweisung des Verteidigers berufene Richter (s. § 146 a I StPO) kann nämlich oftmals nicht ohne größere Schwierigkeiten feststellen, ob die fraglichen Anwälte durch eine Sozietät, eine Bürogemeinschaft, ein freies Mitarbeiterverhältnis, ein sonstiges Verhältnis oder überhaupt nicht miteinander verbunden sind. Das eine oder andere ergibt sich nämlich aus den ihm bekannten Tatsachen, wie etwa den Anschriften der beteiligten Anwälte, nicht, auch Anwaltsverzeichnisse geben hier nicht unbedingt eine zutreffende Auskunft (etwa bei Scheinsozietäten). Bei einem freien Mitarbeiterverhältnis oder einem Angestelltenverhältnis, wenn der Mitarbeiter über eine eigene Kanzlei verfügt (18), ergeben sich aus diesen Tatsachen nicht einmal notwendigerweise Anhaltspunkte für ein solches Verhältnis. Der Richter wäre also überfordert, wenn man ihm die Aufgabe zuweisen würde, die Beziehungen der Beteiligten so zu erforschen, dass er sie in materiellrechtlicher Hinsicht würdigen kann, z.B. die Feststellung treffen kann, ob ein Beteiligter fixierter oder unechter Sozius (19) ist. Für derartige Statusfeststellungen ist das Strafverfahren weder bestimmt noch geeignet.
3. Standesrechtliche Folgerung
Einem konkreten Interessenwiderstreit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 146 StPO müssen die beteiligten Verteidiger also unter Berücksichtigung des anwaltlichen Standesrechts gerecht werden (20). Verteidigen also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanwalt jeweils einen Beschuldigten und liegen ansonsten die Voraussetzungen des § 146 StPO vor oder kann es auf andere Weise zu einem konkreten Interessenwiderstreit kommen, so müssen die betroffenen Verteidiger jeweils ihre eigene anwaltliche Unabhängigkeit aber auch die des anderen wahren (21).
Standesrechtliches Gebot ist es also, dass sich der eine Anwalt jeglichen Einflusses auf die Ausführung der Verteidigung des anderen enthält.
Der Arbeitgeberanwalt muss dem Arbeitnehmeranwalt insbesondere auch ausreichend Zeit zur Vorbereitung und Durchführung der Verteidigung einräumen und ihm hinreichende Gelegenheit geben, vertraulich mit dem Beschuldigten zu verkehren
Entgegenstehende Weisungen sind auch arbeitsrechtlich ohne Verbindlichkeit (22).
4. Sonstiges
Hinsichtlich des Honorars des angestellten Anwalts aus seiner selbständigen Verteidigertätigkeit gilt das oben zur Pflichtnebentätigkeit Ausgeführte (23). Es kommt also primär auf die diesbezügliche Vereinbarung unter den Arbeitsvertragsparteien an.
Inwieweit ein Anwalt den anderen vertreten darf, ohne dass § 146 StPO eingreift, wird kontrovers beurteilt (24). Es kann daher nur die Empfehlung gegeben werden, sich im Zweifelsfall an der Rechtsprechung des zuständigen Instanzenzuges zu orientieren.
II. Kommunalrechtliches Vertretungsverbot
Auch beim kommunalrechtlichen Vertretungsverbot geht es um die Vermeidung einer Interessenkollision. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob und inwieweit hiervon Rechtsanwälte erfasst werden, die mit dem betroffenen Mandatsträger durch ein Beschäftigungsverhältnis verbunden sind.
Mit Ausnahme der Verfassungen der Stadtstaaten, denen wegen der besonderen Stellung der dortigen Mandatsträger einer derartige Bestimmung fremd ist (25), normieren sowohl die Gemeinde- als auch die (Land-)Kreisordnungen sämtlicher Bundesländer ein sogenanntes kommunalrechtliches Vertretungsverbot (26). Sie gehen dabei von der Erkenntnis aus, dass niemand ein loyaler Diener zweier Herren sein kann (27).
Im folgenden soll auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen eingegangen werden (28). Dies bietet sich auch deshalb an, weil die meisten einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die entsprechenden nordrhein-westfälischen Normen zum Gegenstand haben (29).
Zentrale Norm ist § 24 I GO NW. § 24 II GO NW verweist auf diese Vorschrift für ehrenamtlich Tätige, wenn der Auftrag mit den Aufgaben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in Zusammenhang steht, § 30 II GO NW für Mitglieder des Rates, einer Bezirksvertretung oder eines Ausschusses (30) und § 22 II KrO NW für Mitglieder des Kreistages oder eines Ausschusses (30) .
§ 24 I GO NW lautet:
"Inhaber eines Ehrenamtes haben eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde. Sie dürfen Ansprüche anderer gegen die Gemeinde nicht geltend machen, es sei denn, dass sie als gesetzliche Vertreter handeln."
Zur Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage ist zunächst der Sinn und Zweck dieser Rechtsnormen zu ermitteln.
1. Sinn und Zweck des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots
Das kommunale Vertretungsverbot will die objektive, unparteiische und einwandfreie Führung der Gemeinde- und Kreisgeschäfte, mithin die Sauberkeit im öffentlichen Leben sichern (31). Es will zudem verhindern, dass Gemeinde- oder Kreisangehörige den Einfluss kommunaler Mandatsträger für ihre persönliche Interessen ausnutzen und dass rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter, die zugleich Mandatsträger sind, durch diese Doppelfunktion in einen Interessenwiderstreit geraten (32).
Dem Mandatsträger obliegt aufgrund seines kommunalen Amtes eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde (oder dem Kreis), die sich in dem Vertretungsverbot konkretisiert (33).
Die einschlägigen nordrhein-westfälischen Vorschriften gehören zum traditionellen Gemeindeverfassungsrecht (34) und stellen typische kommunalrechtliche Kollisionsnormen dar (35) .
2. Anwendbarkeit des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots auf Bürogenossen und Sozien von Mandatsträgern
Das kommunalrechtliche Vertretungsverbot ist weder auf einen Rechtsanwalt, der mit einem Ratsmitglied in Bürogemeinschaft verbunden ist (36), noch auf einen Anwalt, der mit einem Ratsmitglied in einer Sozietät verbunden ist (37), anwendbar. Die Begründungen, die das Bundesverfassungsgericht für diese Erkenntnisse gibt, können auch Anhaltspunkte für die Beantwortung der Ausgangsfrage liefern.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass weder Wortlaut noch Sinn der nordrhein-westfälischen Regelung zureichende Anhaltspunkte dafür hergeben, dass auch Personen, die ein kommunales Amt bekleiden, in einem besonderen Treueverhältnis zur Gemeinde stehen und damit dem kommunalrechtlichen Vertretungsverbot unterliegen könnten (38). Als Adressaten des Vertretungsverbots werden eindeutig allein kommunale Mandatsträger bezeichnet (39).
Den Vorschriften ist aber auch kein über ihren Wortlaut hinausweisender Sinngehalt zu entnehmen, der es vertretbar erscheinen ließe, den Bürogenossen des Mandatsträgers in dem Kreis der Normadressaten einzubeziehen (40). Denn er kann jedenfalls weder direkten Einfluss auf die Kommunalverwaltung ausüben, noch in einen Interessenwiderstreit mit Verpflichtungen aus dem kommunalen Amt geraten (41).
Hieran ändert nichts, dass bei einer Beauftragung eines Bürogenossen des Mandatsträgers die theoretische Gefahr indirekter Einflussnahme auf die Kommunalgeschäfte oder der Umgehung des Vertretungsverbots nicht auszuschließen sein mag (42). Diese Gefahr bestünde auch bei der Beauftragung jedes anderen bekannten, befreundeten oder gar verwandten Anwaltskollegen eines Mandatsträgers, ohne dass die entsprechenden Vorschriften eine rechtliche Handhabe böten, sie zu unterbinden (43). Denn Sinn und Zweck dieser Vorschriften lassen sich nicht dahin verstehen, jeden Rechtsanwalt, der in irgendeiner persönlichen oder beruflichen Beziehung zu einem anderen Rechtsanwalt steht, der Mandatsträger ist, von der Prozessvertretung auszuschließen (44).
Selbst wenn in der Öffentlichkeit der Anschein und in dem Rechtsuchenden sogar die Erwartung vorhanden wäre, die Mitgliedschaft eines Rechtsanwalts in der Gemeinde- oder Kreisvertretung sei der Mandatsausübung durch seinen Anwaltskollegen in der Bürogemeinschaft förderlich, wäre dies kein ausreichender Anlass für eine Auslegung, die das Vertretungsverbot auch auf den dem Gemeinderat oder Kreistag nicht angehörenden Rechtsanwalt erstrecken wollte (45). Zwar ist nicht zu verkennen, dass ein solcher Eindruck dem Ansehen des kommunalen Vertretungsorgans und der kommunalen Verwaltung abträglich sein könnte (46).
Dennoch ist eine Erstreckung des Vertretungsverbots auf den Rechtsanwalt einer Bürogemeinschaft, der kein Mandatsträger, aus den entsprechenden nordrhein-westfälischen Vorschriften nicht mehr ableitbar (47). Sie würden diesen nicht unerheblich in seinem beruflichen Wirken beschränken und damit in einer elementaren Äußerungsform menschlicher Handlungsfreiheit empfindlich einengen (48). Ein so nachhaltiger Eingriff in die Stellung als Prozessbevollmächtigter bedarf vielmehr von Verfassungs wegen einer unzweidutigen und verläßlichen Rechtsgrundlage, die der nordrhein-westfälischen Regelung insoweit nicht zu entnehmen ist (49).
Auch die Sozien des Mandatsträgers werden ebensowenig wie der in einer Bürogemeinschaft tätige, kein kommunales Amt bekleidende Anwalt in den Kreis der Adressaten des Vertretungsverbots einbezogen. Denn aus der Art und Weise, in der Rechtsanwälte ihre Zusammenarbeit gestalten, lässt sich für eine Ausdehnung des personellen Geltungsbereichs der entsprechenden Normen angesichts des eindeutigen Wortlauts dieser Vorschriften nicht herleiten. (50)
Die Gefahr, der Anschein oder gar die Erwartung, das Vertretungsverbot könne umgangen werden, ist auch bei einer Anwaltssozietät nicht derart zwangsläufig, dass sich daraus ein hinreichender Grund ergäbe, auch sie Rechtsanwälte der Sozietät, die kein kommunales Amt bekleiden, als Prozessbevollmächtigte zurückzuweisen (51).
Das OVG Münster meint zudem, ein Vertretungsverbot für Sozien würde keine "Inkompatibilitäts"-Regelung im Sinne einer typischen, dem traditionellen Gemeinderecht entsprechenden kommunalrechtlichen Kollisionsnorm mehr darstellen, zu deren Erlass der Landesgesetzgeber aufgrund seiner für das Kommunalverfassungsrecht gegebenen Gesetzgebungskompetenz zuständig ist, sondern eine allgemeine Berufsausübungsregelung für Rechtsanwälte, die in die vom Bundesgesetzgeber nach Artt. 74 Nr. 1, 72 I GG bereits wahrgenommene Befugnis zur Regelung des Rechts der Rechtsanwaltschaft eingriffe (52).
3. Anwendbarkeit des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots auf durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte
Bauer hat die Ansicht vertreten, die Ausdehnung des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots auf einen Sozius oder einen bei einem Gemeinderat angestellten Anwalt könne von der Erwägung geleitet werden, dass in diesen Fällen nicht nur "irgendeine persönliche oder berufliche Beziehung" zu einem ratsangehörigen Rechtsanwalt bestehe, sondern eine konkrete und verdichtete Gefahr einer direkten Einflussnahme und damit einer Umgehung des Vertretungsverbots (53). Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht allerdings hinsichtlich des Sozius eines Ratsmitglieds gegenteilig entschieden (54).
Schoch meint, auch beim Angestelltenverhältnis führe die rechtsdogmatisch de lege lata allein begründbare Auffassung zu dem Ergebnis, dass ein Ausschluss des Rechtsanwalts, der kein kommunales Amt bekleidet, unzulässig ist (55).
Hierfür sei maßgebend, dass es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehle und der nicht ehrenamtlich tätige Anwalt dem Vertretungsverbot nicht unterworfen sei. Es gelte nicht für ihn, er könne dagegen nicht verstoßen. es sei für die insoweit bestehende Rechtslage ohne Bedeutung, ob nur der Dienstherr oder nur der angestellte Anwalt ehrenamtlich tätig ist, der andere dagegen nicht. (56)
Dem ist zu folgen. Das kommunalrechtliche Vertretungsverbot erstreckt sich nicht auf den mit dem Mandatsträger durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundenen Anwalt, der selbst nicht ehrenamtlich tätig ist. Voraussetzung ist allerdings, dass der nicht ehrenamtlich tätige Anwalt unmittelbar mandatiert ist. Der Prinzipal darf ein entsprechendes Mandat auch dann nicht annehmen, wenn er dessen Ausführung dem Mitarbeiter überlassen will, weil dann nicht nur der zu vermeidende nachteilige Eindruck hinsichtlich der Sauberkeit im öffentlichen Leben entstehen kann, sondern auch weil die konkrete Gefahr besteht, dass der Mandatsträger aufgrund der bei ihm verbleibenden Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber in einen Interessenwiderstreit gerät.
Für die Auffassung von Schoch sprechen nicht nur die von ihm dargelegten, zutreffenden dogmatischen Erwägungen.
Wenn das Bundesverfassungsgericht die Gefahr der Umgehung des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots für nicht ausreichend erachtet hat, um dasselbe auf assoziierte Rechtsanwälte zu erstrecken (57), dann kann diese Gefahr auch nicht eine Erstreckung desselben auf durch ein Dienstverhältnis verbundene Anwälte rechtfertigen. Insoweit gelten dieselben Erwägungen, mit denen auch die Anwendbarkeit des § 146 StPO auf durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte verneint wurde (58).
4. Standesrechtliche Folgerungen
Prutsch ist der Auffassung, der ratsangehörige Rechtsanwalt sei grundsätzlich gehalten, auf seinen Sozius in der Weise einzuwirken, dass er ein Mandat gegenüber der Stadt nicht wahrnimmt (59).
Dementsprechend meint Feuerich, aus dem Standesrecht (§§ 32, 34 III Rili) könne sich ergeben, dass das kommunale Vertretungsverbot auch von den Rechtsanwälten
zu beachten sei, die mit einem Ratsmitglied in Bürogemeinschaft bzw. Sozietät verbunden sind (60).
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Eingriffe in die Berufsfreiheit des Anwalts als Berufsausübungsregelungen nur statthaft sind, soweit sie sich durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen lassen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, wobei davon auszugehen ist, dass die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen unterliegt (61).
Legt man diesen Maßstab an, dann ist die generelle Erstreckung des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots durch das Standesrecht auf den mit dem Mandatsträger durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundenen Anwalt, der nicht selbst ein kommunales Ehrenamt innehat, nicht gerechtfertigt.
Es ist ausreichend, wenn die im folgenden dargelegten Grundsätze beachtet werden.
Ist der Prinzipal Mandatsträger, kann also sein Mitarbeiter im eigenen Namen einen entsprechenden Auftrag annehmen und ausführen. Inwieweit er dazu im Verhältnis zum Prinzipal berechtigt ist, richtesich, wenn er Arbeitnehmer ist, nach den oben dargelegten Grundsätzen (62).
Der Prinzipal ist allerdings verpflichtet, sich jeglicher Einflussnahme auf die Ausführung des Mandats zu enthalten. Andernfalls besteht die konkrete Gefahr, dass das Vertrauen in dessen anwaltliche Seriösität Schaden erleidet. Entgegenstehende Weisungen sind auch arbeitsrechtlich ohne Verbindlichkeit (63). Selbstverständlich darf die Möglichkeit nicht dazu benutzt werden, das Vertretungsverbot zu umgehen.
Ist der Mitarbeiter Mandatsträger, kann der Prinzipal entsprechende Mandate wahrnehmen.
Der Mitarbeiter darf aber verständlicherweise nicht mit deren Ausführung befasst werden. Für entgegenstehende Weisungen gilt das oben Gesagte.
Es ist dem Prinzipal natürlich auch untersagt, den Mitarbeiter zu einem treuewidrigen Verhalten gegenüber der Gemeinde oder dem Kreis oder der entsprechenden Verwaltung zu veranlassen, da unlauteres Verhalten in dieser Hinsicht die Gefahr in sich birgt, auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in dessen anwaltliche Seriösität zu zerstören (64).
III. Versagung der Berufstätigkeit (§§ 45, 46 BRAO) und Parteiverrat (§ 356 StGB)
Der Rechtsanwalt muss in bestimmten Einzelfällen, die in §§ 45, 46 BRAO aufgeführt sind, seine Berufstätigkeit versagen. Es sind dies Fälle, in denen der Rechtsanwalt in die Gefahr kommen könnte, im Falle einer Tätigkeit seiner allgemeinen Standespflicht gemäß §§ 1, 3 I BRAO nicht nachkommen zu können, seine Unabhängigkeit nach allen Seiten zu wahren. (65).
Strafbar macht sich nach § 356 I StGB ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, "welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient" (66).
Fraglich ist auch hier wiederum, ob und inwieweit durch diese Verbote auch Rechtsanwälte erfasst werden, die mit dem primären Adressaten dieser Verbote durch ein Beschäftigungsverhältnis verbunden sind.
1. Die Feststellungen in den §§ 32, 34 III, 40 III, 46 Rili
Nach § 34 I Rili ist der Rechtsanwalt in der Annahme eines Auftrages frei, es sei denn, das Gesetz verbiete die Annahme. § 34 III 1 Rili erklärt, dass bei Sozietäten, Rechtsanwälten, die sich in anderer Weise zu gemeinschaftlicher Berufsausübung zusammengeschlossen haben, und Bürogemeinschaften die Verbote jeweils auch für den anderen Partner der Gemeinschaft gelten (67). Nach § 34 III 2 Rili gilt dies bei Sozietäten auch nach deren Beendigung (68).
Nach § 46 I 1 Rili darf der Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er selbst oder ein mit ihm in Sozietät oder in anderer Weise zu gemeinschaftlicher Berufsausübung verbundener Rechtsanwalt oder ein Partner seiner Bürogemeinschaft eine andere Partei in derselben Rechtssache bereits im entgegengesetzten Interesse, gleichviel in welcher Eigenschaft beraten oder vertreten hat (69). Nach § 46 I 2 Rili gilt das gleiche, wenn die Beratung durch einen angestellten oder freien juristischen Mitarbeiter erfolgt ist (70).
§ 46 I 3 Rili führt aus, dass das Verhalten, auch soweit es nicht strafbar ist, standeswidrig sein kann, z.B. bei Fahrlässigkeit (71). § 46 III Rili erklärt, dass der Rechtsanwalt schon den Anschein der Vertretung widerstreitender Interessen zu vermeiden hat (72).
§ 40 I Rili stellt fest, dass der Rechtsanwalt keine Bindungen eingehen darf, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden könnten (73). Dies hat nach § 40 II 1 Rili insbesondere der Rechtsanwalt zu beachten, der in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnis seine Arbeitszeit und -kraft überwiegend einem Auftraggeber zur Verfügung stellen muss. Im Schriftverkehr seines Dienstherrn darf er nach § 40 II 2 Rili die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt, die Bezeichnung Syndikusanwalt oder eine ähnliche auf seine Anwaltseigenschaft hinweisende Bezeichnung nicht gebrauchen (74). § 40 II 3 Rili wiederhol§ 46 BRAO. § 40 II 4 Rili erklärt, dass das Verbot des § 46 BRAO auch für Aufträge eines mit seinem Dienstherrn verbundenen Unternehmens gilt (75). § 40 III Rili stellt fest, dass die vorgenannten Hinderungsgründe bei Sozietäten oder in anderer Weise zu gemeinschaftlicher Berufsausübung verbundenen Rechtsanwälten auch für den anderen Partner gelten (76). Wo das Gesetz oder das Standesrecht dem Rechtsanwalt das Tätigwerden verbieten, gilt dieses Verbot nach § 32 I Rili auch für die mit ihm in Sozietät, in anderer Weise zu gemeinschaftlicher Berufsausübung oder in Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte. § 32 II Rili erklärt, dass die ehemals verbundenen Rechtsanwälte vor Annahme eines Auftrages gewissenhaft zu prüfen haben, ob sie durch ein Tätigkeitsverbot aus der Person des ehemaligen Partners an der Annahme des Auftrages gehindert sind. (77).
Die in den Rili festgestellte Standesauffassung ist sehr weitgehend. Sie dehnt die Tätigkeitsverbote umfassend auf beruflich verbundene Rechtsanwälte aus. Alles was einem Anwalt verboten ist, bleibt danach auch für den mit ihm beruflich verbundenen oder verbunden gewesenen Kollegen verboten (78).
2. Erstreckung der Tätigkeitsverbote auf durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Rechtsanwälte
Auch nach Bekanntwerden der neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (79) ist die Auffassung vertreten worden, die Regelungen in §§ 32, 34 III, 40 III, 46 I, III Rili seien für eine funktionsfähige Rechtspflege unerlässlich (80). Dem ist grundsätzlich zu folgen. Die genannten Regelungen sind nämlich notwendig, um das Vertrauen des rechtsuchenden Publikums in die Seriösität der Anwälte (81) zu schützen.
Hinsichtlich der Erstreckung der Tätigkeitsverbote nach §§ 45, 46 BRAO und § 356 I StGB, soweit dieser eine Berufsausübungsregel enthält, auf durch ein Beschäftigungsverhältnis verbundene Anwälte sind allerdings folgende Maßgaben zu beachten.
Die in § 45 Nrn. 2, 3, 4 BRAO, § 356 StGB und § 46 I Rili beschriebenen Tätigkeitsverbote erstrecken sich grundsätzlich nicht auf durch ein freies Mitarbeiterverhältnis verbundene Rechtsanwälte, wenn der freie Mitarbeiter ausschließlich in seiner eigenen Praxis tätig wird oder wenn dieser, sofern ihn das Verbot primär betrifft, vom Prinzipalanwalt nicht mit dem fraglichen Auftrag befasst wird. Die Verbindungen von Rechtsanwälten, die durch ein freies Mitarbeiterverhältnis entstehen, sind nämlich regelmäßig nicht so eng, dass das rechtsuchende Publikum Prinzipal und Mitarbeiter als eine Einheit ansieht. Daher kann in diesem Fall auch nicht der nach § 46 III Rili zu vermeidende böse Schein entstehen (82).
Demgemäß gilt auch § 34 III 2 Rili für dieses Verhältnis nicht.
Auch hinsichtlich § 45 Nr. 1 BRAO ist stets gesondert zu prüfen, ob das zugemutete Verhalten sowohl in der Person des Prinzipals als auch des freien Mitarbeiters eine Standeswidrigkeit darstellen würde.
§ 46 BRAO will den Anwalt vor Gefahren schützen, die der Unabhängigkeit des Anwalts aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses drohen (vergl. § 40 I, II Rili). Das hierin ausgesprochene Tätigkeitsverbot erstreckt sich daher auch auf den Angestellten des betroffenen Anwalts, da dieser am Ende einer "Abhängigkeitskette" steht, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Anwälten bliebe hinter den Anforderungen des § 46 BRAO zurück und der Mitarbeiter würde den Auftrag eigenverantwortlich in eigener Praxis ausführen. Dann hat er alllerdings seine Unabhängigkeit gegenüber Einflüssen des Arbeitgeberanwalts zu wahren, der sich entsprechend zurückzuhalten hat.
Auf den freien Mitarbeiter erstreckt es sich nicht, da dieser nicht persönlich und regelmäßig auch nicht wirtschaftlich (83) vom Prinzipal abhängig ist, also die abzuwehrenden Gefahren für ihn nicht gegeben sind.
Ist er ausnahmsweise vom Prinzipalanwalt wirtschaftlich abhängig, trifft das Tätigkeitsverbot auch ihn, da auch eine (nur) wirtschaftliche Abhängigkeit entsprechende Gefahren für seine anwaltliche Unabhängigkeit vermitteln kann (84).
3. Strafbarkeit nach § 356 I StGB
Zur tatbestandsmäßigen Erfassung der aus einer Mehrzahl von Rechtsanwälten bestehenden Sozietät hatte das Schrifttum die Konstruktion entwickelt, durch die Mandatierung eines Sozius werde die Rechtssache auch allen anderen Mitgliedern der Sozietät anvertraut und diese mithin für eine spätere Vertretung der Gegenseite in der nämlichen Angelegenheit "gesperrt". Für die anwaltliche Bürogemeinschaft sollte dies nicht gelten und wohl auch nicht für die anwaltlichen Mitarbeiter. (85)
Schon Steindorff hat aber gemeint, § 356 StGB ließe sich restriktiv auslegen, und zwar dahingehend, dass er Fälle nicht erfasst, in denen in derselben Rechtssache die einander gegenüberstehenden Parteien durch Anwälte einer und derselben Sozietät vertreten werden (86).
Dementsprechend hat das OLG Stuttgart entschieden, der Tatbestand des § 356 I StGB setze voraus, dass der Rechtsanwalt beiden Parteien durch Rat und Beistand diente (87). Das erste Dienen sei zwar nicht Tathandlung, aber Tatbestandsvoraussetzung (88). Das nur auf einem Sozietätsverhältnis beruhende Anvertrautsein könne die Tatbestandsvoraussetzung des Dienens für die Partei nicht ersetzen (89). Nach dieser Auffassung kann also dem einen Sozius nicht die Tätigkeit des anderen als eigenes Dienen zugerechnet werden (90).
Dahs und Gatzweiler haben diese Entscheidung im wesentliche zustimmend besprochen.
Nach Gatzweiler setzt der Begriff des Dienens schon im Wortsinne ein Tätigsein, Hilfe in einer Rechtssache, kurz Interessenwahrnehmung voraus, ist mithin mit anwaltlichen Dienstleistungen verbunden. Gerade dies setzt nach dessen Auffassung anwaltliche Tätigkeit, gerichtet auf einen Erfolg, voraus. (91)
Einer Neuorientierung des § 356 StGB in Hinblick auf Sozietäten steht nach Dahs auch nicht dessen Rechtsund Schutzgut im Wege (92). Als Rechtsgut ist nach der Auffassung von Dahs die institutionelle Seriösität des anwaltlichen Rechtspflegeorgans anzusehen (93). Daraus folgt hiernach, dass der Tatrichter zunächst Feststellungen zu der Frage treffen muss, welchem Rechtsanwalt oder welchem Mitglied einer Sozietät die erste Rechtssache tatsächlich anvertraut war (94).
Der neueren Auffasung ist zu folgen, weil sie eine klare Unterscheidung zwischen standesrechtlich bedenklichem Verhalten und wirklich strafwürdigem Unrecht trifft.
Hieraus ergibt sich, dass eine Strafbarkeit nach § 356 I StGB nicht gegeben ist, wenn der Mitarbeiter eigenverantwortlich in seiner eigenen Praxis den Gegner der Partei, die sein Prinzipal betreut, berät oder vertritt, wenn er nicht zuvor für die Partei seines Prinzipals tätig geworden ist. Der Prinzipal ist dann allerdings gehindert, ihn zur Bearbeitung des entsprechenden Mandats heranzuziehen (95).
IV. § 52 BRAO
Häufig tritt der Mitarbeiter für den Prinzipalanwalt als Unterbevollmächtigter in dessen Sachen auf. Für den Anwaltsprozess regelt die Zulässigkeit einer solchen Vertretung § 52 BRAO.
1. Haftungsproblematik
Hartstang hat auf die Haftungsgefahren hingewiesen,die eine solche Vertretung mit sich bringen kann (96).
Fraglich ist, ob auch der Mitarbeiter einem derartigen Risiko ausgesetzt ist.
Für die praktisch allein relevanten vertraglichen Ansprüche ist dies zu verneinen, weil der Mitarbeiter insoweit nicht passivlegitimiert ist.
Er wird bei der Terminwahrnehmung in Ausübung der Untervollmacht nämlich grundsätzlich als Erfüllungsgehilfe des Prinzipalanwalts im Sinne des § 278 S. 1 BGB im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit diesem tätig und nicht etwa aufgrund eines durch den Prinzipal als Hauptbevollmächtigten vermittelten direkten Anwaltsvertrages mit der vertretenen Partei.
2. Keine interne Wirkung
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass § 52 BRAO keine praxisinterne Wirkung hat.
Der Anwaltszwang gilt nur für eine Vertretung beim Handeln nach außen gegenüber dem Prozessgericht. Die praxisinterne Vorbereitung dieses Handelns mit Außenwirkung durch Fertigung von Entwürfen, Verschaffen der erforderlichen Informationen durch Besprechung einschließlich begleitender Beratung unterfällt nicht den Regeln des Anwaltsprozesses und ist damit auch nicht nach § 52 BRAO verboten; vielmehr kann sich der Prozessbevollmächtigte dazu der Hilfe auch eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen Mitarbeiters bedienen. (97)