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4. Kriterien nach der Rechtsprechung

Es ist nicht Absicht des Autors den Definitionsversuchen einen weiteren hinzuzufügen. Es soll auch im folgenden nicht unternommen werden, eine Begründung dafür zu liefern, warum einem dieser Versuche der Vorzug vor den anderen zu geben ist. Auch für eine gründliche Kritik ist hier nicht der rechte Platz (146).

Vielmehr sollen auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung Kriterien für eine Abgrenzung im Einzelfall aufgezeigt werden, ohne dass damit die Theorie der Rechtsprechung als die beste aller denkbaren Lösungen propagiert werdden soll. Die Praxis erfordert aber eine Orientierung an den Ergebnissen der Rechtsprechung.

Dabei soll zunächst die allgemeine Rechtsprechung der verschiedenen Gerichtszweige (unter a bis c) in den Grundzügen dargestellt werden. Diese ist nicht nur Grundlage für die Qualifikation von Beschäftigungsverhältnissen auch unter Rechtsanwälten, sondern die dort genannten Indizien sind für diese Qualifikation auch unmittelbar relevant, nämlich soweit sich aus dem Umstand, dass die Beteiligten Rechtsanwälte sind, keine Besonderheiten ergeben.

Danach soll die Rechtsprechung und Literatur zur Qualifikation von Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten (unter d) aufgezeigt werden, und schließlich sollen die eigene Auffassung und Folgerungen (unter e) dargelegt werden.

a) Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte

Der Kreis der Umstände, die für oder gegen ein Mehr oder Weniger an "persönlicher Abhängigkeit" im Einzelfall sprechen können, ist grundsätzlich offen. Ebenso einzelfallabhängig ist ihre Gewichtung.

Gleichwohl lassen sich bestimmte Kriterien benennen, die von der Rechtsprechung öfters herangezogen werden, um die Arbeitnehmereigenschaft eines Beschäftigten zu bestimmen. Die Bedeutung dieser Merkmale ist aber stets nur relativ, d.h. sie können nur im Zusammenhang mit anderen, in gleicher Richtung weisenden Kennzeichen zu einer Entscheidung führen, während sie im Verhältnis zu überwiegend entgegengesetzten Vertragselementen unter Umständen ohne jede Bedeutung bleiben (147).

aa) Irrelevante Umstände

Daneben gibt es Umstände, die die Rechtsprechung und die herrschende Lehre für unerheblich erklärt haben.

So sagt der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Dienstverpflichteten nichts über die Abgrenzung von Arbeits- und Dienstvertrag aus (148).

Auch die Höhe des Einkommens bildet kein kennzeichnendes Merkmal des Arbeitnehmers (149). Gleiches gilt für die Art der Arbeitsaufgabe (150).

bb) Parteiwille

Über die gebotene rechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses als Dienst- oder Arbeitsvertrag entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien - vielleicht auch übereinstimmend - gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die tatsächlich dem Geschäftsinhalt nicht entspricht. Nur aus dem Geschäftsinhalt ergibt sich der jeweilige Vertragstyp. Dieser Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den schriftlichen Vereinbarungen als auch aus der praktischen Durchführung der Verträge ergeben. Widersprechen sich schriftliche Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Vertrages, ist letztere maßgebend. (151)

Entscheidend ist also nicht die Bezeichnung, sondern letztlich die praktische Durchführung des Rechtsverhältnisses (152). Es kommt nicht darauf an, welche Freiheiten der Dienstverpflichtete nach dem Vertrag hat, sondern darauf, ob der Dienstherr ihm diese Freiheiten auch belässt (153). Das Arbeitsrecht verweist jeden, der einen anderen in abhängiger Arbeit beschäftigt, in die dafür verbindlich vorgeschriebene Rechtsform des Arbeitsvertrages (154). Für abhängige Arbeit besteht also ein Rechtsformzwang (155).

Der erklärte Parteiwille erlangt nur in zweifelhaften Fällen Vorrang, wenn sich aus der praktischen Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Arbeitsvertragsparteien kein eindeutiges Bild ergibt (156).

Hat allerdings der Dienstberechtigte dem zur Dienstleistung Verpflichteten nur einen Vertrag als freier Mitarbeiter angeboten und ihm keine Gelegenheit gegeben, sich um eine Anstellung als Arbeitnehmer zu bewerben, so ist die Wahl dieser Vertragsform dann ein Missbrauch der Vertragsfreiheit, wenn sie nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern nur der Umgehung des Sozialschutzes, insbesondere des Kündigungsschutzes, dient. In diesem Fall muss sich der Dienstberechtigte so behandeln lassen, als habe er einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. (157)

Dementsprechend kann es ein Grund sein, einen Dienstverpflichteten als Arbeitnehmer anzuerkennen, wenn der Arbeitgeber diesen in wesentlichen Punkten ebenso behandelt wie andere von ihm festangestellten Mitarbeiter (158).

Wenn aber zwischen den Parteien Einverständnis über die losere Form der Zusammenarbeit in einem freien Mitarbeiterverhältnis besteht, der Mitarbeiter nach der praktischen Vertragsgestaltung auch nicht in eine für ein Arbeitsverhältnis typische persönliche Abhängigkeit gebracht wird, ist die Wahl eines freien Mitarbeiterverhältnisses nicht zu beanstanden (159).

cc) Weisungsgebundenheit

Der Arbeitnehmerstatus wird oft mit dem Weisungsrecht des Dienstberechtigten und der damit komplementären Gehorsamspflicht des Dienstverpflichteten assoziiert (160).

Demgemäß kann der Umfang der Weisungsgebundenheit ein Umstand sein, der den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Dienstverpflichteten bestimmt (161). Dieses Merkmal ist aber auch nur relativ (162). Persönliche Abhängigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Weisungsgebundenheit (163). Die fachliche Weisungsgebundenheit kann nur bedingt Auskunft über den rechtlichen Status geben (164). Ist der Mitarbeiter fachlichen Weisungen unterworfen, spricht dies zwar für ein Arbeitsverhältnis (165); der umgekehrte Schluss ist aber nicht berechtigt (166). Fehlende fachliche Weisungsgebundenheit spricht aber nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft (167). Bei einzelnen Arbeitnehmergruppen kann sie ganz fehlen oder erheblich eingeschränkt sein (168). Sie kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein (169).

Beispielsweise kann eine moderne Form der Teamarbeit der einzelnen Mitarbeiter einzelne fachliche Weisungen der Vorgesetzten unnötig machen (170). Arbeitsverhältnisse ohne Bindung des Arbeitnehmers an fachliche Weisungen des Arbeitgebers finden sich insbesondere auch bei künstlerischen, geistigen und wissenschaftlichen Arbeitsaufgaben, wo schöpferische Initiative aber auch Eigenverantwortung vorausgesetzt werden (171). So bleiben zum Beispiel beim angestellten Juristen für fachliche Weisungen oft nur begrenzte Möglichkeiten (172). Dass dieser die rechtliche Bewertung der ihm übertragenen Rechtsfälle in eigener Verantwortung vornimmt, spricht nicht gegen seine persönliche Abhängigkeit (173).

Ein wesentliches Kriterium der Abgrenzung zwischen (freiem) Dienst- und Arbeitsverhältnis liegt in der Befugnis des Dienstberechtigten, Aufgaben im Wege der Weisung, also auch gegen den Willen des Dienstverpflichteten diesem zu übertragen. Es soll eine charakteristische Arbeitgeberkompetenz sein, einseitig im Wege der Weisung den Inhalt der Dienstleistung des anderen bestimmen zu können. (174)

Ein typisches Abgrenzungsmerkmal enthält § 84 I 2 HGB. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen; über diesen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus soll diese Vorschrift jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die nach der Rechtsprechung auch bei der Abgrenzung des (freien) Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, sein. (175)

Unterliegt also der Beschäftigte hinsichtlich Zeit (176). Dauer und Ort (177). der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht, liegt ein Arbeitsverhältnis vor (178). Kann er im wesentlichen die Arbeitsbedingungen frei gestalten, ist er freier Mitarbeiter (179).

Die Erledigung von Arbeiten im eigenen Büro soll demgemäß für einen Dienstvertrag sprechen (180).

Wenn auch die Bestimmung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber ein Kennzeichen der Arbeitnehmereigenschaft ist, so gilt jedoch nicht der Umkehrschluss. Arbeitnehmer in leitender Stellung oder in Forschung und Lehre sind nämlich typischerweise frei in ihrer Entscheidung, wann sie die ihnen übertragenen Arbeiten erledigen. (181)

Die Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen (182) oder zur ständigen Dienstbereitschaft (183) indiziert eine persönliche Abhängigkeit.

Auch der Umfang der Kontrolle des Beschäftigten durch den Dienstherrn kann Anzeichen für den Grad der persönlichen Abhängigkeit sein (184).

Für eine persönliche Abhängigkeit spricht auch die Unterordnung unter eine andere im Dienste des Geschäftsherrn stehende Person (185), sofern diese zur Erteilung bindender Weisungen oder wenigstens zur Ausübung von Kontrollbefugnissen berufen ist. Für die persönliche Unabhängigkeit spricht das Fehlen der Unterordnung, obwohl diese nach der Art der Tätigkeit und beim Bestehen einer entsprechenden Organisation zu erwarten wäre. (186)

dd) Eingliederung

Die Gerichte für Arbeitssachen haben als Arbeitnehmer denjenigen Mitarbeiter angesehen, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von anderen bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (187). Dementsprechend stellt auch die Eingliederung in einem fremden Betrieb (188), Betriebsablauf (189) oder eine fremde Arbeitsorganisation (190) ein Kriterium der persönlichen Abhängigkeit dar. Die Rechtsprechung hat insoweit den Ansatz von Nikisch und anderen (191) aufgegriffen (192). Die persönliche Abhängigkeit kann sich nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus der Unterwerfung unter eine betriebliche Ordnung ergeben, kann aber andererseits wegen des Fehlens einer solchen Einordnung nicht schlechthin verneint werden (193).

ee) Dispositionsverzicht

Ein Anzeichen für abhängige Arbeit ist auch der Verzicht, Inhalt und Ziel der eigenen Tätigkeit wie ein Unternehmer zu bestimmen (194).

ff) Sachliche Abhängigkeit

Auch Kriterien einer sachlichen Abhängigkeit sind einbezogen worden (195).

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass derjenige, der seinen Arbeitsplatz nur bei einem anderen, seinem Arbeitgeber finden könne, der Sicherung dieses Arbeitsplatzes und des gesamten sozialen Schutzes, den das Arbeitsrecht ihm biete, bedürfe (196). Der Umfang der Abhängigkeit von Apparat (197). (technischen Hilfsmitteln (198)) und Team (199) (Mitarbeitern und Material (200)) soll daher den Grad der persönlichen Abhängigkeit (mit-) indizieren.

Dementsprechend kann es Indiz für ein Arbeitsverhältnis sein, wenn der Dienstherr die Arbeitsgeräte zur Verfügung stellt (201) und die Hilfskräfte auswählt und anstellt (202). Allerdings spricht das Fehlen eines eigenen Schreibtisches im Büro des Dienstherrn, eines Postfaches oder die Nichtaufnahme in das hausinterne Telefonverzeichnis nicht unbedingt gegen ein Arbeitsverhältnis (203). Ferner kann sich eine persönliche Abhängigkeit aus der erforderlichen Zusammenarbeit des Beschäftigten mit anderen Dienstverpflichteten ergeben (204).

Mehr für eine selbständige Stellung spricht, dass der Dienstverpflichtete dritte Personen zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht heranzieht und die Haftung für die ihm unterstellten Personen vertraglich übernimmt (205). Dies ist nämlich beim Arbeitsverhältnis zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber eher unüblich (206). Allerdings geht der Arbeitnehmerstatus durch das Recht, selbst Arbeitnehmer einstellen zu können, nicht unbedingt verloren (207). Letzteres wird man vor allem dann annehmen müssen, wenn diese Personen bloße Hilfsdienste erbringen, so dass die Leistungen des Dienstverpflichteten weiterhin von seiner höchstpersönlichen Tätigkeit ihre wesentliche Prägung erfahren (208).

gg) Umfang der Beschäftigung

Für eine persönliche Abhängigkeit spricht es, wenn es dem Dienstverpflichteten obliegt, seine gesamte Arbeitskraft dem Geschäftsherrn zur Verfügung zu stellen (209).

Das gleiche gilt, wenn der Mitarbeiter gehindert ist, einer weiteren Beschäftigung nachzugehen (210). Ist dagegen der Dienstverpflichtete berechtigt, für mehrere Dienstherrn tätig zu werden oder uneingeschränkt Nebentätigkeiten aufzunehmen, so spricht dies mehr für ein freies Dienstverhältnis (211).

Dementsprechend spricht nicht für eine persönliche Abhängigkeit, wenn der Dienstverpflichtete vom Dienstberechtigten nur rein tatsächlich zeitlich gesehen fast vollständig in Anspruch genommen wird (212). Indiz für eine persönliche Abhängigkeit ist aber, dass der Dienstverpflichtete Aufträge des Dienstherrn nicht nach Belieben ablehnen kann (213) oder sich stets in Bereitschaft hält, um seinen Tätigkeitsbereich beim Dienstherrn nicht zu verlieren, der dementsprechend jederzeit auf ihn zurück- greifen kann und dies auch tut (214).

Ein Arbeitsverhältnis kann allerdings auch dann vor- liegen, wenn der Mitarbeiter nur in einem zeitlich geringerem Umfang verpflichtet ist dem Dienstherrn seine Arbeitskraft anzubieten (215). Bei einer nur nebenberuflichen Tätigkeit kann aber eben leicht das für den Arbeitnehmerbegriff erforderliche Maß der Abhängigkeit fehlen (216). Umgekehrt können auch Dienste erheblichen Ausmaßes in persönlicher Unabhängigkeit erbracht werden (217). Insgesamt kommt der Intensität der Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Dienstverpflichteten aber nur eine schwache Indizwirkung für das Vorliegen einer abhängigen oder selbständigen Stellung zu (218).

Beuthien und Wehler haben ein Modell entwickelt, das anhand der zwischen den Parteien abgesprochenen Arbeitsmenge die soziale Schutzbedürftigkeit des Beschäftigten und damit seine Arbeitnehmereigenschaft zu ermitteln sucht (219).

hh) Formale Kriterien

Bei der Abgrenzung nur mit Vorbehalten anzuwenden sind die sogenannten unechten oder formalen Merkmale. Zu ihnen gehören vor allem diejenigen Umstände, die sich aus der äußeren Form des Vertrages herleiten lassen, zum Beispiel die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung, die Regelung in Hinblick auf gewerbepolizeiliche und handelsregister- rechtliche Vorschriften einerseits und auf arbeitsrechtliche Grundsätze anderseits. (220)

Diese äußerlichen Merkmale sind in der betrieblichen Praxis durchweg gestaltbar (221). Für die Abgrenzung des Rechtsverhältnisses ist daher das Verhalten des Empfängers von Dienstleistungen dann wenig aufschlussreich, wenn er damit nur Rechtsfolgen aus dem von ihm vertretenen Rechtsstandpunkt zieht (222). Dies gilt beispielsweise für den Verzicht auf die Vorlage eines Attests im Krankheitsfall und auf die förmliche Erteilung des Urlaubs (223), für die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Mitarbeiter (224) und für die Genehmigung von Nebentätigkeiten (225). Entsprechendes gilt für die Führung von Personalpapieren (226).

Dennoch kommt diesen Umständen eine gewisse Bedeutung zu (227).

Die formalen Merkmale werden dann bedeutsam, wenn es darum geht, festzustellen, was die Partner eines Vertrages gewollt haben (228).

So spricht die Vereinbarung eines Bruttolohnes neben weiteren Umständen für ein Arbeitsverhältnis (229). Konstitutive Bedeutung in bezug auf das Bestehen arbeitsvertraglicher Beziehungen soll der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung allerdings nicht beigemessen werden können; diese Umstände sollen die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht zu charakterisieren vermögen, weil ihren darüber keine Dispositionsfreiheit zusteht (230). Allerdings wird auch vertreten, dass der Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen ein größerer Beweiswert für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zukommen soll als umgekehrt deren Unterbleiben für den Dienstvertrag (231).

Gewährt ein Unternehmer einem Mitarbeiter Urlaub unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung, ist das ein formales Anzeichen dafür, dass ein Arbeitsverhältnis gewollt ist und bestehen soll (232). Bereits die Regelung der Frage des Erholungsurlaubs kann Anzeichen für eine persönliche Abhängigkeit sein (233). Für ein Arbeitsverhältnis spricht auch die Vereinbarung einer Kündigungsfrist (234).

Kein zwingendes Abgrenzungsmerkmal ergibt sich schließlich aus der Art der Vergütung (235). Allerdings kann die Gewährung eines festen Gehalts unter Umständen auf ein Arbeitsverhältnis hinweisen (236). Wessen Stellung aber durch persönliche Abhängigkeit gekennzeichnet ist, wird nicht dadurch zum Unternehmer, dass man ihn durch eine entsprechende Vergütungsregelung mit zusätzlichen finanziellen und Arbeitsplatzrisiken belastet (237).

b) Die Rechtsprechung der Sozialgerichte

Der öffentlich-rechtliche Versicherungszwang knüpft ebenso wie das Arbeitsrecht an das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses an (238) (vergl. § 7 I SGB-IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (239).

Bundesarbeitsgericht und Bundessozialgericht gehen also vom gleichen Ausgangspunkt aus. Es können also die im Arbeitsrecht von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Kriterien zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft auch bei der Abgrenzung des Beschäftigungsverhältnisses im Sozialversicherungsrecht berücksichtigt werden (240).

aa) Relevanz der persönlichen Abhängigkeit

Allerdings wird vom Bundessozialgericht teilweise neben der persönlichen auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit verlangt (241). Es soll dabei aber vornehmlich auf die persönliche Abhängigkeit ankommen, in der regelmäßig die wirtschaftliche Abhängigkeit enthalten sei (242). Ins Gewicht fallende Unterschiede in der sachlichen Beurteilung scheinen mit der Anführung auch der wirtschaftlichen Abhängigkeit jedoch nicht verbunden zu sein (243). An anderer Stelle wird vom Bundessozialgericht auch ausdrücklich ausgeführt, die wirtschaftliche Abhängigkeit gehöre nicht zu den Voraussetzungen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (244).

Daneben wird teilweise auch darauf abgestellt, dass das sozialrechtliche Beschäftigungsverhältnis von zwei Erfordernissen abhänge, nämlich von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und der Verfügungsbefugnis ("Verfügungsmacht") des Arbeitgebers (245). Auch damit scheinen jedoch Unterschiede in der sachlichen Beurteilung nicht angezeigt werden sollen (246).

Überwiegend verwendet das Bundessozialgericht das auch im Arbeitsrecht anerkannte Kriterium der persönlichen Abhängigkeit (247).

bb) Grundsätzliches zur Abgrenzung

Eine persönliche Abhängigkeit ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb dann gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem insbesondere Zeit, Dauer und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (248). Der Beschäftigte stellt seine Arbeitskraft mit seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten dem Arbeitgeber für eine gewisse Zeitdauer zur Verfügung (249).

Das Bundessozialgericht lehnt sich also an die Formulierung des § 84 I 2 HGB an (250). Allerdings soll insoweit der handelsrechtlichen Beurteilung keine entscheidende Bedeutung zukommen (251). Im Bereich der Sozialversicherung soll nämlich noch ein weitergehender sozialer Schutz erforderlich sein (252). Daher kann die sozialrechtliche Rechtsprechung in dieser Richtung von der zivilrechtlichen abweichen ( (253). Trotz dieser unterschiedlichen Funktionen haben die Begriffe der Selbständigkeit und der Abhängigkeit im Handels- und im Sozialversicherungsrecht weitgehend den gleichen Inhalt (254).

Der persönlichen Abhängigkeit steht auch nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (255). nicht entgegen, dass die Weisungsgebundenheit - insbesondere bei Diensten höherer Art - stark eingeschränkt ist, was die Ausführung der Arbeit betrifft (256). Es spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft, dass dem Arbeitgeber eine Einflussnahme auf sachliche Ausübung der Tätigkeit des Arbeitnehmers versagt ist (257). Trotzdem ist die Dienstleistung fremdbestimmt, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält (258). Je weniger allerdings das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Gestalt ausdrücklicher Weisungen in Erscheinung tritt, je mehr der Arbeitnehmer bei der Gestaltung seiner Arbeit auf sich selbst gestellt ist, um so größeres Gewicht erhält das Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus für die Abgrenzung zwischen abhängig geleisteter Arbeit und selbständig verrichteten Diensten (259). Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (260). Nach einer neueren Entscheidung darf das Weisungsrecht jedoch nicht vollständig entfallen (261). Es ist aber als ausreichend erachtet worden, dass sich das Dienstverhältnis im Kern als fremdbestimmt erweist, weil dem Dienstverpflichteten sein Aufgabenbereich von seinem Dienstherrn zugewiesen wird (262). Abhängige Beschäftigung wird auch nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass sich die Pflichten des Dienstleistenden weitgehend aus der Natur der Sache ergeben (263). Ausreichend für die persönliche Abhängigkeit ist, wenn kein Raum für selbständiges Handeln im nennenswerten Umfang vorhanden ist, weil der Arbeitsablauf sich nicht nur zwangsläufig aus der Art der Tätigkeit ergibt, sondern zugleich alle Pflichten des Dienstleistenden vertraglich festgelegt sind und bis ins einzelne unter Kontrolle gehalten werden sollen (264).

Demgegenüber wird die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen (265). Der abhängig Beschäftigte setzt kein eigenes Kapital ein (266). er trägt deshalb auch kein Risiko des Kapitalverlusts, schlimmstenfalls kann er seinen Arbeitsplatz verlieren (267). Der Einsatz eigenen Kapitals ist typisch für eine selbständige Tätigkeit (268). Ein solches Unternehmerrisiko kann aber schon darin liegen, dass der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft ungewiss ist (269).

Auch das Bestehen eines Unternehmerrisikos ist jedoch nicht schlechthin entscheidend, sondern nur im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten (269). Die Überbürdung von Risiken wird allerdings nur dann als Faktor für Selbständigkeit anerkannt, wenn sie größere Freiheiten bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstmöglichkeiten schafft (270).

In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen (271). Dies richtet sich nach Umständen des Einzelfalles (272). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Umstände sowohl für die Selbständigkeit wie auch für eine Abhängigkeit sprechen können und sich erst in der Gesamtschau richtig einordnen lassen (273). Maßgebend hat stets das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Vekehrsanschauung zu sein (274).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist zunächst die vertragliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses zu beachten (275). Weicht diese jedoch von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so haben letztere ausschlaggebende Bedeutung (275). Wenn die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit in etwa gleichermaßen für eine Selbständigkeit oder für eine Abhängigkeit spricht, ist dem in der vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck kommenden übereinstimmenden Willen der Vertragsschließenden eine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (276), sofern nicht zwingende Vorschriften des Sozialversicherungsrechts verletzt werden (277). Dabei kann das bisherige Berufsleben des Dienstverpflichteten als Indiz dafür dienen, was er gewollt hat (278).

cc) Einzelne Kriterien

Die einzelnen Umstände, die von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als Indizien, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, herangezogen werden, entsprechen im wesentlichen jenen, die auch die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit heranziehen (279).

So wird beispielsweise ausschlaggebend darauf abgestellt, dass der Dienstverpflichtete im wesentlichen seine volle Arbeitskraft im Dienst des Dienstberechtigten zur Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben einzusetzen hat (280).

Weiter wurde als wesentliches Merkmal für eine Eingliederung in einen fremden Betrieb der Umstand angesehen, dass der Verpflichtete seine Tätigkeit nicht ausführen kann, ohne die betrieblichen Einrichtungen des Beschäftigungsgebers, d.h. dessen personalen und sächlichen Apparat zu benutzen (281).

Dass der Beschäftigte keine festen Dienststunden einzuhalten braucht, ist dann irrelevant, wenn diese der geltenden Übung auch der angestellten Mitglieder seiner Berufsgruppe entspricht (282).

Die Relevanz von Vergütungsart (283) und Urlaubsregelung (284) wird im Sozialversicherungsrecht im wesentlichen nach den Maßstäben beurteilt, die auch im Arbeitsrecht gelten. Eine gleichbleibende Pauschalvergütung kann ein Zeichen persönlicher Abhängigkeit bilden (285), während bei der selbständigen Tätigkeit die Vergütung meist nach der erbrachten Leistung und häufig (soweit zulässig) nach dem Erfolg erfolgt (286). Freilich ist auch bei abhängigen Beschäftigungsverhältnissen je nach Branchenüblichkeit eine Erfolgsvergütung möglich (287). Für bedeutsam hat das Bundessozialgericht in diesem Zusammenhang gehalten, in welchem Maße der Mitarbeiter durch persönliche Geschicklichkeit und Einsatzfreude die Höhe seiner Provision zu beeinflussen imstande ist (288). Für die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit kann es auch bedeutsam sein, ob der Beschäftigte nach freiem Entschluss Urlaub nehmen kann oder hierfür erst eine Erlaubnis einholen muss (289).

Indiz für die Selbständigkeit des Dienstverpflichteten ist das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte für die Unselbständigkeit dementsprechend das Fehlen einer solchen (290).

Eine schiedsgerichtliche Vereinbarung soll eine nach dem Gesamtbild der Tätigkeit vorhandene persönliche Abhängigkeit nicht ausschließen, vielmehr soll ihre Rechtswirksamkeit in Frage gestellt sein, wenn nach dem Gesamtbild der Tätigkeit eine persönliches Abhängigkeitverhältnis besteht (291).

Dass der Beschäftigte ohne Einwilligung des Beschäftigungsgebers keine sonstige Tätigkeit ausüben darf und sich jedes Wettbewerbs zu dessen Nachteil enthalten muss, soll lediglich eine wirtschaftliche, aber keine - allein erhebliche - persönliche Abhängigkeit begründen (292). Insoweit ist eine gewisse Diskrepanz zum Arbeitsrecht feststellbar (293).

Der steuerrechtlichen Beurteilung hat das Bundessozialgericht eine Indizwirkung beigelegt (294), ebenso hielt es auch für bedeutsam, die Übereinstimmung seiner Auffassung mit der anderer oberster Bundesgerichte festzustellen (295).

Dass für den Dienstverpflichteten tatsächlich Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt wurden, ist schließlich grundsätzlich für die Entscheidung der Frage unerheblich, ob ihm Leistungen aus der Sozialversicherung zu gewähren sind; es kommt allein auf die Versicherungspflicht an (296).

c) Die Rechtsprechung der Finanzgerichte

Im Steuerrecht gibt es in § 1 LStDV eine Legaldefinintion des Arbeitnehmers. Dabei stellt § 1 II 2 LStDV auf das Leitungs- bzw. Weisungsrecht des Dienstberechtigten ab (297).

Der steuerliche Begriff des Arbeitnehmers soll sich nicht immer mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten wortgleichen Begriff decken (298). Es sollen sich Abweichungen gegenüber dem Arbeits- und dem Sozialversicherungsrecht ergeben (298). Auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialversicherungsrecht ergangene Entscheidungen zu dem Begriff des Arbeitnehmers oder des unselbständig Beschäftigten sollen daher nicht oder nur mit Einschränkungen übernommen werden können (299).

Dennoch stimmt der steuerrechtliche Begriff des Arbeitnehmers im wesentlichen mit jenen wortgleichen Begriffen überein, die durch die Rechtsprechung der Arbeits- und Sozialgerichte geformt worden sind.

Die Frage, wer Arbeitnehmer ist, ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (300).

Eine Würdigung nach dem Gesamtbild bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden (301). In diese Würdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrundeliegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind (302).

Allerdings können auch im Steuerrecht die Beteiligten ein der Sache nach bestehendes Arbeitsverhältnis nicht durch Vereinbarung zu einer "selbständigen" Tätigkeit machen; ihrem Vertragswillen kann jedoch in Grenzfällen die entscheidende Bedeutung beikommen (303). Der Tatsache, dass die Parteien einen Arbeitsvertrag, insbesondere unter Zugrundelegung eines Tarifvertrages, abgeschlossen haben, kann demgemäß im Einzelfall entscheidendes Gewicht zukommen (304).

Einem Arbeitsverhältnis steht nicht entgegen, dass der Dienstverpflichtete vom Dienstberechtigten nich wirtschaftlich abhängig ist (305).

Für die Arbeitnehmereigenschaft können insbesondere die persönliche Abhängigkeit, die Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, ein Urlaubsanspruch (306) und angemessene Urlaubsvergütung, die Abgeltung von Feiertagen (307), Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, die Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Überstundenvergütung (306), der zeitliche Umfang der Dienstleistungen, die Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit (308), das Fehlen eines Unternehmerrisikos (309) und einer Unternehmerinitiative, das Fehlen eines Kapitaleinsatzes, das Fehlen einer Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern (308). die Eingliederung in den Betrieb (310) das Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges und die Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist, (308) sprechen (311).

Wesentliches Merkmal für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ist ein eigenes unternehmerisches Risiko (312). Dies ist dann gegeben, wenn die Höhe der Einnahmen des Dienstverpflichteten weitgehend von seiner eigenen Tüchtigkeit und Initiative abhängt (312). Indiz für die Selbständigkeit ist auch, dass der Dienstverpflichtete berechtigt ist, eine Tätigkeit für andere Auftraggeber zu übernehmen (313). Da es auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt, kann nicht mit Rücksicht auf das Vorliegen eines dieser Merkmale die Arbeitnehmereigenschaft bejaht oder verneint werden (314).

Die weitgehende Entscheidungsbefugnis des Dienstverpflichteten im fachlichen Bereich, also bei der Durchführung der Arbeit, steht der Annahme eines unselbständigen Dienstverhältnisses nicht entgegen (315).

Es ist zwar grundsätzlich unerheblich, wie der Dienstberechtigte nach außen hin auftritt, insbesondere ob er in eigenem oder in dem Namen seines Auftraggebers auftritt. Ausnahmsweise ist in Grenzfällen aber auch das Auftreten nach außen heranzuziehen (316).

Unerheblich ist es, wie eine Tätigkeit oder die tätige Person im Einzelfall bezeichnet worden ist (317). Die Bezeichnung des Vertrages (318) und die Art der Entlohnung sind ohne die Berücksichtigung anderer Erscheinungsbilder für eine zutreffende Einordnung einer Tätigkeit ebenfalls unwesentlich (319)

Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass das Finanzamt grundsätzlich seine Entscheidung für jedes Jahr unabhängig von der Behandlung in den Vorjahren zu treffen hat (320).

Insgesamt kann also festgestellt werden, dass die Rechtsprechung der Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte trotz gelegentlicher Betonung der Eigenständigkeit der jeweiligen Rechtsgebiete im Einzelfall zur Feststellung, ob ein Dienstverpflichteter Arbeitnehmer ist, im wesentlichen die gleichen Umstände berücksichtigen, wobei stets davon ausgegangen wird, dass nur das Gesamtbild aller Umstände entscheidet und weder das Vorliegen noch das Fehlen eines Umstandes allein entscheidend sein kann. Zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft einer Person wird also durchgehend der typologischen Methode gefolgt, wobei im wesentlichen die gleichen Merkmale als typisch angesehen werden.

d) Rechtsprechung und Literatur zur Qualifikation von Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten

Nachdem die allgemeine Rechtsprechung der verschiedenen Gerichtszweige in ihren Grundzügen dargestellt worden ist, soll nunmehr im folgenden die Rechtsprechung und Literatur zur Qualifikation von Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten aufgezeigt werden.

Die Frage der Qualifikation einer Urlaubs- oder sonstigen Vertretung für einen relativ kurzen Zeitraum soll hier nicht behandelt werden (321).

aa) Rechtsprechung

Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der sich vertraglich einem anderen Rechtsanwalt verpflichtet, diesem seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und andere Mandate nicht anzunehmen, dem weiter durch Vertrag ein bestimmtes Arbeitsgebiet zugewiesen ist, dem aber der andere Rechtsanwalt unabhängig davon bestimmte Mandate zuweisen oder entziehen kann, von dem ferner vertraglich erwartet wird, dass er während der üblichen Bürostunden in der Kanzlei anwesend ist und der schließlich weder am Gewinn noch am Verlust der Kanzlei beteiligt ist, trotz abweichender vertraglicher Vereinbarung über seinen Status Arbeitnehmer sei (322).

Das LAG Berlin hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der einer Anwaltssozietät seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat, bestimmte Einzelfälle zugewiesen bekommt, ohne dass er einzelne davon ablehnen kann, und von dem erwartet wird, dass er während der üblichen Bürostunden in der Kanzlei anwesend ist, der ferner Gerichtstermine wahrzunehmen hat, die nicht nur im Rahmen der von ihm bearbeiteten Rechtsfälle anfallen, und der weder am Gewinn noch am Verlust der Kanzlei beteiligt ist, trotz Vereinbarung eines Honorars inklusive Mehrwertsteuer, der Nichteinreichung einer Lohnsteuerkarte und der Nichtführung von Personalakten Arbeitnehmer ist (323).

Das ArbG Berlin hat entschieden, dass ein Referendar der halbtags bei einem Rechtsanwalt eine Nebentätigkeit ausübt, die zu bearbeiteten Akten zugeteilt erhält, mit dem eine Vereinbarung über Urlaub, eine Kündigungsfrist und die Zahlung eines Brutto- Arbeitsentgelts getroffen worden ist, Arbeitnehmer ist (324).

In einem unveröffentlichten Urteil hat das ArbG Düsseldorf entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der verpflichtet ist, bei der Ausführung seiner Arbeit den Weisungen des dienstberechtigten Anwalts zu folgen, welcher von ihm Arbeitsleistungen in einem bestimmten zeitlichen Umfange erwartet und verlangen darf, die in der Summe einem normalen Achtstunden- Arbeitstag gleichkommen, und der die Pflicht zur Schriftsatzvorlage hat, Arbeitnehmer ist, auch wenn ihm bezüglich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes gewisse Freiheiten eingeräumt sind (325). Als freier Mitarbeiter hätte der dienstverpflichtete Anwalt demgegenüber in der Lage sein müssen, seine Tätigkeit auf einzelne Rechtssachen zu beschränken und sich deren Bearbeitung vollkommen frei einzuteilen; darüber hinaus hätte er hinsichtlich seiner zeitlichen Beanspruchung frei bleiben müssen, und es hätte ihm das Recht zu- stehen müssen, weitere Arbeiten über die übernommenen Rechtssachen hinaus zu verweigern und die übernommenen Arbeiten selbständig, wenn auch unter Berücksichtigung einer möglichen Teilungsabsprache, abzurechnen (326).

Das OLG Düsseldorf hat einen Rechtsanwalt, der ausschließlich in der Praxis eines anderen Anwalts arbeitet, keine eigene Mandate führt und bearbeitet, die von ihm zu bearbeitenden Fälle nicht selbst aus- suchen kann, mit vollem Einsatz und ausschließlich, also ganztägig in der Praxis des anderen Anwalts tätig ist, eine feste, zeitbezogene Vergütung und einen bezahlten Urlaub erhält, als Arbeitnehmer angesehen, auch wenn er die ihm zugewiesenen Mandate frei von inhaltlichen Weisungen selbständig bearbeitet, die volle Unterschriftsberechtigung für die von ihm gefertigten Schriftsätze hat und nach außen hin als Sozius erscheint (327).

Das Bundessozialgericht hat die Arbeitnehmereigenschaft im anwaltlichen Probedienst beschäftigter Assessoren bejaht, weil ihr Dienstverhältnis unbeschadet der stark ausgeprägten Freiheit, die Durchführung ihrer Arbeiten im einzelnen zu gestalten, im Kern fremdbestimmt sei, weil ihnen ihr Aufgabenbereich von den Dienstberechtigten zugewiesen werde (328). Es hat ferner festgestellt, dass ein Anwalt, der in der Praxis eines anderen Anwalts gegen festes Entgelt tätig ist, dort an feste Dienststunden gebunden ist und in dieser Zeit nur die Fälle des anderen Anwalts bearbeiten darf, dem diese Fälle von dem anderen Anwalt zur Bearbeitung zugewiesen werden, der seine eigene Praxis nicht in der Kanzlei des anderen Anwalts und während der dortigen Dienststunden bearbeiten und der die in seiner Praxis anfallenden Termine während der Arbeitszeit nur im Einverständnis mit dem anderen Anwalt wahrnehmen darf, in der Kanzlei des anderen Anwalts versicherungspflichtige fremdbestimmte Arbeit leistet, auch wenn er von dem anderen Anwalt keine ausdrückliche Weisungen hinsichtlich der sachlichen Ausführungen seiner Tätigkeit erhält (329).

Bei einem Dienstverhältnis unter Steuerbevollmächtigten hat das Gericht den dienstverpflichteten Steuerbevollmächtigten als Arbeitnehmer angesehen, weil dieser die Fälle vom Dienstberechtigten zugewiesen bekam, gegenüber den Kunden nicht als Steuerbevollmächtigter in Erscheinung trat und diesen gegenüber auch seine Leistungen nicht abrechnete, eine feste, zeitbezogene Vergütung und einen bezahlten Urlaub erhielt, seine Arbeitskraft zumindest überwiegend dem Dienstberechtigten zur Verfügung stellte und kein eigenes Kapital einzusetzen brauchte, auch wenn er seine Arbeit frei von inhaltlichen Weisungen ausführte, jedoch einer ausreichenden Kontrolle des Dienstherrn unterlag, eine gewisse Freiheit in der Wahl des Arbeitsortes hatte und seine Tätigkeit im Vertrag als " freie Mitarbeit als selbständiger Steuerbevollmächtigter" bezeichnet wurde (330).

Später hat das Bundessozialgericht gefordert, dass die Weisungsgebundenheit eines Rechtsanwalts hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der Beschäftigung im Einzelfall deutlich über das sich aus Sachzwängen (Gerichtstermine, mit Mandanten abzusprechende Beratungstermine, Umfang der Praxis) ergebende Maß hinausgehen müsse, um seinen Arbeitseinsatz als abhängige Beschäftigung zu charakterisieren (331). Was die Eingliederung in die Kanzlei als die betriebliche Organisation anbetreffe, gelte auch hier, dass diese wegen der Eigenart der Berufsausübung eines Rechtsanwalts sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheit bedingt werde; auch der freie Mitarbeiter müsse sich der sachlichen und personellen Ausstattung der Kanzlei bedienen (331). Dagegen könnten aus der Art der Vergütung deutlicher Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem, ob sie mit einem - gegebenenfalls pauschalierten Verlustrisiko belastet sei und deshalb einer Gewinnbeteiligung gleichkomme oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung bzw. -bereitschaft anzusehen sei (331). Hinsichtlich des Willens der Beteiligten und seiner Relevanz hat das Gericht ausgeführt, dass das Bestreben, bei zwei möglichen Ausübungsformen einer Berufstätigkeit die sozialversicherungsfreie zu wählen, durchaus legitim sei und bei Personen, die nach der voraussichtlichen beruflichen Stellung schon in naher Zukunft ohnehin zum Kreis der versicherungsfreien Freiberufler gehören und die Mitarbeit in einer fremden Kanzlei nur als Übergangsstadium betrachten, sogar naheliegen könne (332). Im Hinblick auf das endgültige Berufsziel eines selbständigen Rechtsanwalts in eigener Kanzlei deute die übergangsweise Teilhabe eines Volljuristen am Arbeitsprozess einer Rechtsanwaltskanzlei mehr darauf, dass ein zu diesem Zweck geschlossener und ausdrücklich so bezeichneter freier Mitarbeitervertrag auch wirklich als solcher gewollt sei (333). (334)

Das LAG Baden-Württemberg hat diese Entscheidung da- hingehend gewürdigt, dass sich aus ihr nicht ergebe, dass ein Rechtsanwalt, weil er in der Regel die Selbständigkeit in einer eigenen Kanzlei anstrebe und deswegen bei einer vorübergehenden Mitarbeit zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn in einer fremden Kanzlei auch aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen an einer abhängigen Beschäftigung kein Interesse habe, in einem solchen Falle stets nur als freier Mitarbeiter anzusehen sei. Sie besage vielmehr lediglich, dass ein so arbeitender Rechtsanwalt nicht automatisch Arbeitnehmer sei, sondern dass sich dies nur aus den Umständen des einzelnen Falles ergeben könne. (335)

Das LSG Niedersachsen hat entschieden, dass ein zugelassener Rechtsanwalt, der in der Kanzlei eines anderen Rechtsanwalts für diesen tätig ist, der Sozialversicherungspflicht unterliege, wenn er die Dienstzeit der Kanzlei einzuhalten hat, die ihm übertragenen Arbeiten in gewisser Weise zwar selbständig mit Unterschriftsberechtigung erledigt, hierbei jedoch an Weisungen des Kanzleiinhabers gebunden ist und für seine Tätigkeit ein vereinbartes festes Monatsgehalt erhält (336).

Der Reichsfinanzhof hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der gegen eine feste Jahressumme in den Geschäftsräumen der Rechtsanwaltsfirma, der er nicht angehört, mit der Bearbeitung von Rechtssachen der Klienten beschäftigt, vor Gericht als Unterbevollmächtigter dieser Anwaltsfirma, nicht als Bevollmächtigter der Partei auftritt und die Dienste der Angestellten seiner Dienstherrn in Anspruch nimmt, eine unselbständige Beschäftigung ausübt. Dabei stehe der Unselbständigkeit seiner Beschäftigung bei der Anwaltsfirma nicht entgegen, dass er außerdem den freien Beruf eines Anwalts selbständig ausübt und dass ihm bei der Bearbeitung der ihm zugewiesenen Rechtsfälle eine weitgehende Bewegungsfreiheit eingeräumt ist (337).

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes sprechen bei einem für einen Anwalt nebenberuflich tätigen Referendar die Umstände, dass er nur von Fall zu Fall tätig wird, seine Arbeit nicht im Büro des Anwalts erbringt, in seiner Zeiteinteilung unabhängig ist und sein Entgelt in Art eines Honorars je bearbeiteten Fall erhält und es sich um eine anspruchsvolle geistige und persönliche Arbeit handelt, gegen ein Arbeitsverhältnis (338).

bb) Literatur

Lublasser charakterisiert den selbständigen Anwalt dahingehend, dass dieser frei sei, ein Mandat anzunehmen oder abzulehnen und seine Arbeit einzuteilen, abgesehen von der selbstverständlichen und seine persönliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigenden Bindung durch Termine und Sprechstunden. Der Anwalt, der von seinem Kollegen in diesen Punkten nicht beschränkt wird und beschränkt werden kann, sei unabhängig. Auch hänge die Behandlung einer Sache von seinem wissenschaftlichen Ermessen ab. (339)

In dem Augenblick aber, in dem der Anwalt sich in der Wahl der Mandate, bei seiner juristischen Entscheidung oder der Art und Weise der Bearbeitung der Sachen nach den Weisungen seines Kollegen richten muss, sei er persönlich von seinem Kollegen abhängig. Dabei komme es nicht darauf an, ob im Einzelfall solche Weisungen erteilt worden sind, sondern nur darauf, ob der Kollege Weisung erteilen darf und der Anwalt sie befolgen muss. (340).

Rewolle stellt dem Typus des Anwalts, der seine Dienstleistung als freier Mitarbeiter erbringt, denjenigen entgegen, der zwar im Vertrag als freier Mitarbeiter bezeichnet wird, aber in Wirklichkeit Arbeitnehmer im Angestelltenverhältnis ist, auf welches alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden (341).

Den Typus des (echten) freien Mitarbeiters beschreibt er dahingehend, dass dieser einzelne Rechtssachen übernehme, deren Bearbeitung er frei einzuteilen berechtigt sei. Er sei an Dienststunden nicht gebunden und brauche auch nicht jede Sache übernehmen. Er vereinbare mit der von ihm vertretenen Partei sowohl in laufenden als auch in neuen Sachen Besprechungstermine und nehme in seinen Sachen die Gerichtstermine wahr, während er die Termine anderer Anwälte nicht zu verfolgen brauche. Die gesetzlichen und vom Gericht gesetzten Fristen müsse er beachten. Er könne jederzeit frei bestimmen, wann er in Urlaub gehen will, wobei er natürlich Termine und Fristen in seinen laufenden Sachen einplanen müsse. (341)

Es spiele keine Rolle, ob das Entgelt für jede einzelne Sache oder als Pauschale gezahlt wird. Auch die Höhe sei unerheblich, weil durch das Entgelt nur eine wirtschaftliche, nicht aber eine persönliche Abhängigkeit begründet werden könne. (342)

Rewolle meint, dass derartige Vereinbarungen selten seien, weil der einstellende Rechtsanwalt eine stärkere Bindung suchen müsse, um eine echte Entlastung zu erreichen (342).

Demgegenüber sei für den Typus der Arbeitnehmeranwalts charakteristisch, dass er alle ihm übertragenen Rechtssachen zur Bearbeitung übernehmen müsse und keine zurückweisen könne. Er müsse auch alle ihm zugeteilten Termine wahrnehmen, ganz gleich, ob es sich um eigene Sachen oder die von Kollegen handelt, und sei insoweit auch arbeitszeitlich gebunden. Dies gelte auch für die Sprechstunde, die er pünktlich zu absolvieren habe und der er nicht fernbleiben dürfe. Er müsse am zugewiesenen Arbeitsplatz tätig werden, die zugeteilte Hilfskraft hinnehmen und könne seinen Urlaub nicht frei bestimmen, welcher im gegenseitigen Einvernehmen genommen werden müsse. Er habe letztlich seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und müsse sich Rügen gefallen lassen, wenn ihm vermeidbare Fehler unterlaufen sind. Für selbstverständlich erachtet es Rewolle, dass eine Pflicht zur Schriftsatzvorlage abhängig mache. (343)

Auch Knief stellt - ausgehend von den Bedürfnissen des einstellenden Anwalts - die beiden Formen des Dienstverhältnisses typologisch gegenüber (344)

Suche der Rechtsanwalt einen anwaltlichen Mitarbeiter, der als volle Entlastung der Kanzlei alle ihm übertragenen Aufgaben unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft in den Büroräumen seines Dienstherrn bei vollständiger Integration in den Praxisbetrieb zu er- ledigen hat, so müsse jener mit diesem ein Arbeitsverhältnis begründen. Auch eine Vertragsbeziehung, in der der dienstverpflichtete Anwalt, der zwar eine eigene Kanzlei in eigenen Räumlichkeiten betreibt, jedoch an ein oder zwei Wochentagen in den Büroräumen des dienstberechtigten Anwalts nach festgelegter Arbeitszeit weisungsgebunden tätig ist und dabei vor allem hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung und Bearbeitung einzelner Aktenstücke keinerlei Selbstbestimmungsrecht hat, müsse als "echtes" Teil-Arbeitsverhältnis angesehen werden. (344)

Stellt sich andererseits ein Rechtsanwalt als zukünftigen Mitarbeiter einen Kollegen vor, der seine Kanzlei in eigenen Büroräumen errichtet hat und lediglich bei Bedarf die gutachterliche Bearbeitung besonders schwieriger oder umfangreicher Rechtsfragen bei freier Arbeitszeiteinteilung übernehmen soll, so könne eine entsprechende Vertragsgestaltung als "klassischer Fall" eines freien Mitarbeiterverhältnisses gelten. Für einen freien Mitarbeiter typisch sei beispielsweise die freie Einteilung der Arbeits- und Urlaubszeit sowie die freie Entscheidung über die Bearbeitung einzelner Rechtssachen und die Wahrnehmung der anstehenden Termine. (345)

Knief weist darauf hin, dass zwischen diesen Beispielen, die gleichsam als "Extremfälle" eines Arbeits- bzw. freien Mitarbeiterverhältnisses bezeichnet werden könnten, ein breites Spektrum anderweitiger Gestaltungsmöglichkeiten existiere. Je weiter sich die Vorstellungen und Bedürfnisse des einstellenden Anwalts von den "klassischen Formen" eines freien Mitarbeiter- oder Arbeitsverhältnisses entfernen, desto schwieriger werde die Einordnung des jeweils begründeten Beschäftigungsverhältnisses. So könne das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses trotz Eingliederung in den betrieblichen Organismus des Dienstherrn zweifelhaft sein, wenn dem dienstverpflichteten Anwalt die Befugnis zustehen soll, die Bearbeitung einzelner Aktenstücke abzulehnen. (345)

Sie meint, die Einbindung in den geschäftlichen Organismus des dienstberechtigten Anwalts sei überhaupt in all den Fällen kaum ein taugliches Abgrenzungskriterium, in denen der Dienstverpflichtete seine Tätigkeit in den Räumen des Dienstherrn ausübt. Insoweit werde sich zwangsläufig eine gewisse Eingliederung ergeben, weil der dienstverpflichtete Anwalt seine Aufgaben ohne Rückgriff auf die "Büromittel" (Schreibkräfte, Literaturbestand etc.) und ohne Anpassung an den organisatorischen- technischen Ablauf der Praxis nicht ordnungsgemäß erfüllen könnte (346).

Eich hat aufgrund von ihm angenommener "berufsrechtlicher Vorgaben" (347) und unter Herausstellung des "Vorrangs des Mandatsverhältnisses" "den aus rein arbeitsrechtlicher Sicht entscheidenden Abhängigkeitsgrad für das Verhältnis zwischen oder zu Rechtsanwälten neu definiert" (348).

Er meint, der freie Mitarbeiter erbringe für den anstellenden Anwalt eine Teilleistung, die ohne weitere Umsetzung oder Übernahme nicht als dem Mandanten geschuldete Leistung angesehen werden kann (349). Freier Mitarbeiter sei nur der Mitarbeiter, der eine solche Teilleistung oder Teilarbeit erbringt (350). In erster Linie kämen faktisch hierfür in Frage "wissenschaftliche Hilfsleistungen bzw. -arbeiten" oder die Erstellung von Gutachten, die dem anstellenden Anwalt (rechtliche) Klärung von Einzelfragen ermöglichen, ohne dass das Ergebnis der Arbeit vom Bearbeiter selbst, dem freien Mitarbeiter, weiter für eine geschuldete Leistung verwendet werden muss (351).

Der Mitarbeiter, der demgegenüber die vertraglich dem Mandanten vom anstellenden Anwalt geschuldete Leistung - z.B. Wahrnehmung von Gerichtsterminen - erbringt, möge zwar aufgrund eines ihm eingeräumten Entscheidungsfreiraumes eigenverantwortlich handeln können, er trage aber gegenüber dem Mandanten für seine Leistung keine Verantwortung; die verbleibe dem anstellenden Anwalt (352). Mit dieser nicht übertragbaren Verantwortung des anstellenden Anwalts korrespondiere das die Abhängigkeit begründende Weisungsrecht und die Weisungspflicht gegenüber dem Mitarbeiter, die nicht ausgeschlossen werden könne, wolle der anstellende Anwalt sich nicht selbst in Widerspruch zu seinen Verpflichtungen aus dem Mandatsverhältnis setzen (353). Der Mitarbeiter, der Leistungen direkt gegenüber dem Mandanten erbringt, die keiner weiteren Umsetzung oder Übernahme durch den dienstberechtigten Anwalt bedürfen, ist also nach Eich Arbeitnehmer.

Er sieht das entscheidende Abgrenzungskriterium in der potentiellen und quasi antizipierten Übernahme der vom Mitarbeiter geschuldeten Leistung einerseits und andererseits der Übernahme durch einen einzelfallorientierten und konkreten Übernahmeakt (354). Folge dieser Abgrenzung sei, dass der Rechtsanwalt, der einen Mitarbeiter als "volle Entlastung" in seiner Kanzlei beschäftigen will, dies nur im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer könne (355).

Hartstang schließlich meint, wirklich freier Mitarbeiter eines Rechtsanwalts könne wohl nur derjenige sein, der nach seinem Belieben und zwar eventuell auch bei mehreren Rechtsanwälten seine Arbeit und deren Gestaltung selbst bestimmt, so wie dies etwa ein freier Gutachter tue (356).

e) Eigene Auffassung und Folgerungen

Würdigt man die bisherige Rechtsprechung und Literatur zur Qualifikation von Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten, so kommt man nicht um die Feststellung herum, dass Rewolle (357), Knief (358) und Hartstang (356). Idealtypen beschreiben. Auch die Rechtsprechung ist bisher wohl nur mit relativ klaren Fällen befasst worden. In der Praxis problematisch sind aber häufig die Grenzfälle (359) zu deren Einordnung letztlich weder Rewolle noch Knief noch die bisherige Rechtsprechung sichere Anhaltspunkte zu liefern vermögen.

Die letztgenannte Entscheidung des Bundessozialgerichts (360) und einige dementsprechende Ausführungen von Knief (361) stehen zudem in einem gewissen Widerspruch zur Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine Verfügung über die Arbeitskraft eines Mitarbeiters auch aus Sachzwängen heraus eine Inanspruchnahme typischer Arbeitgeberrechte darstellt (362). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann sich eine persönliche Abhängigkeit auch aus der sachlich gebotenen Eingliederung in den Betrieb des Diensstberechtigten ergeben (363). In diesem Punkt bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten; die sich aus der aufgezeigten Diskrepanz ergebenden Unsicherheiten in der Prognose künftiger Entscheidungen müssen zunächst hingenommen werden.

Gegenüber diesen Unsicherheiten weist die Auffassung von Eich (364) den Vorzug auf, ein klares Abgrenzungskriterium zu liefern. Obwohl sich Eich aber um den Nachweis der Übereinstimmung seiner Auffassung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung bemüht (365), ist eine Diskonkordanz seiner Auffassung zur bisherigen Rechtsprechung feststellbar.

Das nach Eich entscheidende Abgrenzungskriterium ergibt sich aus der aus der Art der Tätigkeit resultierenden (notwendigen) Weisungsgebundenheit des Mitarbeiters. Die (fachliche) Weisungsgebundenheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich indiziell für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses (366). Es gibt eben kein Merkmal für die Abhängigkeit, das sich nicht auch gelegentlich bei Selbständigen findet (367). Es ist zurecht darauf hingewiesen worden, dass eine Weisungsgebundenheit nach §§ 665, 675, 645 BGB auch bei Aufträgen und Werkverträgen vorliegen kann (368). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht darauf abgestellt, ob die erteilten Weisungen "typisch gerade für ein Arbeitsverhältnis" sind (369). In der Konsequenz würde die von Eich entwickelte Theorie zu dem Ergebnis führen, dass ein Anwalt, der nach freiem Ermessen für einen Kollegen gelegentlich Gerichtstermine wahrnimmt und dafür eine einzelfallbezogene Entlohnung erhält, bei dieser Tätigkeit Arbeitnehmer des anderen Anwalts ist, während derjenige Beschäftigte, der seine volle Arbeitskraft der Erstellung von Gutachten und anderen wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten für einen anderen Anwalt widmet, hierfür ein gleichbleibendes monatliches Gehalt erhält und keinen Auftrag ablehnen darf, nur freier Mitarbeiter ist. Dieses Ergebnis steht evident im Widerspruch zu den bisherigen Entscheidungen der beteiligten Gerichtszweige.

Zudem kann nach der hier vertretenen Ansicht unter Einbeziehung berufsrechtlicher Prämissen die fachliche Weisungsgebundenheit bei Hilfstätigkeiten gerade stärker sein als etwa bei einer forensischen Tätigkeit (370).

Das nach Eich entscheidende Kriterium verliert auch seine Klarheit, wenn es um die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses geht, welches, was in der Praxis häufig vorkommt, beide der von Eich genannten Tätigkeitsarten zum Inhalt hat.

Als Ergebnis kann also festgehalten werden, dass es auch bei Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten kein Merkmal gibt, das eine persönliche Abhängigkeit notwendig oder hinreichend zu begründen vermag.

Dies mag "besonders unbefriedigend" sein (371) und hat sogar zu der Ansicht geführt, dass die Ermittlung der Arbeitnehmereigenschaft einer bestimmten Person nicht durch einen rechtsanwendenden Erkenntnisakt möglich sei (372). Zurecht ist jedenfalls darauf hingewiesen worden, dass die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft letztlich immer eine Einzelfallentscheidung bleibt, die kaum prognostizierbar ist (373). Es solle allerdings eine deutliche Tendenz geben, bisherige Randgruppen in den Schutz des Arbeitsrechts kraft Richterrechts einzubeziehen (374). Ob diese Tendenz auch dann deutlich werden wird, wenn angesichts der "Juristenschwemme" möglicherweise angestellte Rechtsanwälte vermehrt ihre soziale Schutzbedürftigkeit und -würdigkeit geltend machen werden, bleibt abzuwarten.

Zu den einzelnen Kriterien, die bei Beschäftigungsverhältnissen unter Rechtsanwälten bedeutsam sein können, genügen einige kurze Bemerkungen.

Wichtiges Indiz bei der Beurteilung der Frage, ob ein anwaltlicher Mitarbeiter Arbeitnehmer ist, ist sicherlich der Umstand, ob dieser verpflichtet ist, grundsätzlich alle ihm vom Dienstherrn übertragenen Fälle zu bearbeiten. Dabei ist aber zu beachten, dass es insoweit irrelevant ist, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Stellung als Anwalt begründeterweise die Bearbeitung einzelner Fälle ablehnen kann (375).

Hinsichtlich der Relevanz der Art der Entlohnung ist bei einer Pauschalentlohnung zu berücksichtigen, dass hiermit häufig die Erwartung auch eines bestimmten (Mindest-)Arbeitspensums verbunden sein wird.

Ein bisher nicht genanntes Kriterium ist schließlich auch der Umstand, ob der dienstverpflichtete Anwalt berechtigt und in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit für den dienstberechtigten Anwalt eine eigene Kanzlei zu führen. Ist dies nicht der Fall, spricht dies für eine persönliche Abhängigkeit, weil er zur Ausübung seines Berufes, insbesondere auch zur Erfüllung der ihm im der Regel obliegenden Kanzleipflicht (376), in besonderer Weise auf das Personal und die Sachausstattung des Dienstherrn angewiesen ist und regelmäßig über keine Erwerbsmöglichkeiten außerhalb des Dienstverhältnisses verfügt.

Betrachtet man die aufgezeigten Kriterien, so muss man zu der Feststellung gelangen, dass freie Dienstverhältnisse unter Rechtsanwälte nur in Ausnahmefällen gegeben sind. Eine echte Entlastung oder wesentliche Kapazitätserweiterung durch die Mitarbeit eines Kollegen bedingt regelmäßig die Anstellung desselben als Arbeitnehmer, sofern kein gesellschaftsrechtliches Verhältnis begründet wird.

Insgesamt dürfte es daher zutreffend sein, dass eine Vielzahl von Mitarbeiterverhältnissen, die in der Praxis als freie Mitarbeiterverhältnisse vereinbart und durchgeführt werden, als Arbeitsverhältnisse anzusehen sind (377). Diese Annahme und die Unsicherheiten bei der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft lassen es notwendig erscheinen, sich mit den Folgen einer falschen Qualifikation des Beschäftigungsverhältnisses kurz zu befassen.