- Gliederung
- Einleitung
- Standesrecht und Zivilrecht
- Arbeitnehmer
- Freie Mitarbeit
- Der fixierte Sozius und die unechte Sozietät
- Gemeinsame Probleme
3. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Das Ausscheiden eines angestellten Rechtsanwalts bringt eine Vielzahl von Problemen mit sich (275).
Einige Probleme können durch einen guten Arbeitsvertrag vermieden werden (276). Das bedingt aber, dass dessen Entwerfer mit den Grenzen des rechtlich Zulässigen vertraut ist. Problematisch in Hinblick auf Arbeitsverträge unter Rechtsanwälten sind insoweit insbesondere die Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote und Mandantenschutzklauseln (277).
Zunächst sollen aber die mit der Kündigung des Arbeitsvertrages unter Anwälten zusammenhängenden Probleme erörtert werden.
a) Kündigung des Arbeitsvertrages
Auch der angestellte Anwalt genießt, sofern er lange genug beschäftigt ist (§ 1 KSchG) und die Kanzlei, in den er arbeitet, genügend Personal beschäftigt (§ 23 I 2 KSchG), Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Er ist hiervon insbesondere nicht nach § 14 KSchG vom umfassenden Kündigungsschutz ausgenommen, da er nicht die dort normierten Voraussetzungen eines Angestellten in leitender Stellung erfüllt.
Bei der Anwendung sowohl der §§ 1 f. KSchG wie auch des § 626 I BGB sind jedoch die Besonderheiten, die ein Arbeitsverhältnis unter Rechtsanwälten prägen, zu beachten.
Es ist bereits erwähnt worden, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmeranwalt notwendig ist (278). Die Delegation anwaltlicher Aufgaben, die ihrer Natur nach besonders verantwortungsvoll sind (279), setzt ein besonderes Vertrauen in die Kompetenz und Seriösität des mit der Erledigung dieser Aufgaben Betrauten auch dann voraus, wenn dessen Tätigkeit einer gewissen Kontrolle unterliegt. Der Arbeitnehmeranwalt wird nämlich die ihm übertragenen Aufgaben mehr oder weniger selbständig und eigenverantwortlich zu erledigen haben, denn andernfalls würde seine Tätigkeit keine Entlastung des Arbeitgeberanwalts darstellen. Arbeitsverträge, die von besonderem Vertrauen getragen zu werden pflegen, bedingen besonders ausgeprägte Treuepflichten des Arbeitnehmers (280).
Da außerdem dem Anwalt Tätigkeiten anvertraut sind, deren Wahrnehmung im Allgemeininteresse liegt, er dabei im Spannungsfeld verschiedener Interessen tätig wird, die zum Ausgleich zu bringen sind, und er daher seine Unabhängigkeit zu wahren hat (281), ist seine Tätigkeit insoweit durchaus mit der des Staates vergleichbar (282). Nach herrschender Meinung ist die Treuepflicht jedoch im öffentlichen Dienst erheblich gesteigert. (283). Aufgrund der strukturellen Vergleichbarkeit muss dies auch für die Mitarbeiter des Anwalts, vor allem aber für den angestellten Anwalt gelten. Auch diese Erwägungen führen also zur Annahme besonders ausgeprägter Treuepflichten des Arbeitnehmeranwalts.
Dieser Umstand ist bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu berücksichtigen, die sowohl bei der gerichtlichen Überprüfung einer verhaltensbedingten ordentlichen (284) als auch bei einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (285) wegen grober Verletzung der Treuepflichten (286) erfolgen hat. Er ist auch bei der Entscheidung der Frage zu berücksichtigen, inwieweit das Verhalten des Arbeitnehmeranwalts, das sich als Störung im Vertrauensbereich darstellt, den Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung zu Kündigung berechtigt (287).
Einen eklatanten Vertrauensbruch stellt wegen der damit verbundenen Gefahr für die Interessen des Arbeitgeberanwalts (288) der unerlaubte Wettbewerb während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmeranwalt dar. Bei Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot ist häufig eine außerordentliche Kündigung berechtigt (289). Das OLG Düsseldorf hat sogar entschieden, ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot stelle bei Beschäftigungsverhältnissen unter Anwälten regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung nach § 626 BGB auch ohne vorherige Abmahnung dar (290).
Zu denken ist an eine kündigungsrechtlich relevante Treuepflichtsverletzung auch dann, wenn der Arbeitnehmeranwalt bei seiner (erlaubten) Nebentätigkeit ein Mandat gegen seinen Arbeitgeber annimmt.
Zunächst ist ein solches Mandat wegen möglicher Interessenkonflikte standesrechtlich nicht unbedenklich. Zu fordern ist zumindest, dass der Anwalt vor Annahme des Mandats dem Rechtsuchenden offenlegt, dass er Arbeitnehmer des Gegners ist.
Im Falle einer Sozietät wird es als grob ungehörig betrachtet, dass ein Sozius ein Mandat gegen den anderen annimmt und ausführt (291).
Kündigungsrechtlich ist zu differenzieren. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers von Bedeutung für das betriebliche Geschehen ist (292)). Dies gilt insbesondere für das außerdienstliche Verhalten (293). Betrifft das Mandat also die Kanzlei, etwa bei einem Haftpflichtfall, liegt eine derartige Betriebsbezogenheit vor und kann zumindest eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Bei einem Mandat, das den Arbeitgeber als Privatperson betrifft (z.B. Scheidung, privater Verkehrsunfall) müssen schon außergewöhnliche Umstände vorliegen, um die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus) zu begründen.
Eine außerordentliche Kündigung ist aber regelmäßig dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmeranwalt seine Stellung ausnutzt, um an Informationen zu gelangen, die einem Außenstehenden nicht zugänglich sind, weil dann ein eklatanter Vertrauensbruch vorliegt.
Bedenkenswert ist auch die Frage, inwieweit sich Standesverfehlungen des Arbeitnehmeranwalts auf das arbeitsrechtlich relevante Vertrauensverhältnis aus wirken können.
Berufspflichtverletzungen des Arbeitnehmeranwalts sind, auch wenn er sie durch ein Verhalten außerhalb des Berufes begangen hat (vergl. §§ 43 S. 2, 113 II BRAO), geeignet, das Vertrauen des Arbeitgeberanwalts in dessen Seriösität zu untergraben. Zugleich werfen sie regelmäßig, wenn sie als solche in der Öffentlichkeit oder der Mandantschaft bekannt werden, ein schlechtes Licht auf die Kanzlei (vergl.a. § 83 I Rili (294)), vor allem dann, wenn sie ohne erkennbare Reaktion der für die Kanzlei Verantwortlichen bleiben. Die Schädigung des Ansehens des Arbeitgebers oder Unternehmens ist bei Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (295); eine solche Schädigung ist wegen der Wichtigkeit des "good will" einer Anwaltskanzlei (296) sogar besonders bedeutsam. Es handelt sich hierbei übrigens um eine Fallgestaltung, in der auch ein außerdienstliches Verhalten des Angestellten sich nachhaltig auf das Arbeitsverhältnis auswirken kann (297). Ob eine kündigungsrechtlich irrelevante Ermahnung (298), eine Abmahnung, eine verhaltensbedingte ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeberanwalt wegen einer Standespflichtverletzung des Angestellten gerechtfertigt ist, hängt natürlich von deren Schwere und Bedeutung und den sonstigen Umständen des Einzelfalles ab.
Im Grenzbereich zur personenbedingten Kündigung liegt der Fall dann, wenn dem angestellten Anwalt aufgrund einer ehrengerichtlichen Ahndung die Tätigkeit als Rechtsanwalt auf Dauer (§ 114 I Nr. 5 BRAO) oder auf längere Zeit hinsichtlich bestimmter Rechtsgebiete (§§ 114 I Nr. 4, 114 a I BRAO) verboten wurde (299)).
Eine personenbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Rechtsanwalt die Zulassung aus anderen Gründen verloren hat (s. §§ 14 I, 15, 35 I BRAO) (300). Zwar ist auch in diesem Falle eine Interessenabwägung zur Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung erforderlich (301), die aber regelmäßig zum Nachteil des Arbeitnehmeranwalts ausfallen dürfte, dessen Risiko es grundsätzlich ist, dass er die zur Berufsausübung erforderliche Erlaubnis hat (302).
Zum Schluss ist noch darauf hinzuweisen, dass Standesverfehlungen des Arbeitgeberanwalts auch den Arbeitnehmeranwalt zur außerordentlichen Kündigung berechtigen können, nämlich dann, wenn ohne diese Maßnahme das Ansehen des Arbeitnehmeranwalts erheblichen Schaden erleiden würde. Dies dürfte aber selbst bei schweren Pflichtverletzungen nur ausnahmsweise der Fall sein.
Auch dann, wenn er unterdurchschnittlich bezahlt wird (303) und nicht seinen Fähigkeiten entsprechend beschäftigt wird (304), kann der Arbeitnehmer möglicherweise zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sein (305).
b) Wettbewerbsverbote, Mandantenschutz- und Mandantenübernahmeklauseln
Nicht selten wird der Arbeitgeber als Unternehmer ein berechtigtes Interesse daran haben zu verhindern, dass der Arbeitnehmer auch nach seinem Ausscheiden in irgendeiner Form für die Konkurrenz tätig wird (306) oder ihm als Selbständiger Konkurrenz macht. Demgegenüber steht das verständliche Interesse des Arbeitnehmers an der ungehinderten Verwertung seiner Arbeitskraft (307). Dies gilt auch grundsätzlich bei Arbeitsverhältnissen unter Rechtsanwälten (308).
Die Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers kann grundsätzlich für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine vertragliche Vereinbarung eingeschränkt werden (309). Eine derartige Vereinbarung verstößt prinzipiell weder gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) (310) noch gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) (311).
Wettbewerbsbeschränkungen unter Rechtsanwälten sind in der Diskussion (312).
Bei dieser Diskussion ist es allerdings notwendig, dass die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt werden. Von Wettbewerbsbeschränkungen sind nicht nur die Parteien des Arbeitsverhältnisses, vor allem der Arbeitnehmeranwalt, sondern auch die Mandanten betroffen. Deren Interessen bleiben in der Diskussion häufig leider unberücksichtigt.
Wettbewerbsbeschränkungen kommen in arbeitsvertraglichen Abreden unter Anwälten im wesentlichen in zwei Formen vor. Zum einen wird häufig ein regelmäßig räumlich und zeitlich beschränktes Niederlassungs- und/oder Tätigkeitsverbot (im folgenden: Wettbewerbsverbot) vereinbart; zum anderen bedient man sich auch sogenannter Mandantenschutzklauseln (313), die mehr oder minder präzise abgefasst werden.
Auch sogenannte Mandantenübernahmeklauseln dienen der Regelung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
aa) Wettbewerbsverbote
Unter Wettbewerbsverboten werden im folgenden Abreden verstanden, die es dem Arbeitnehmeranwalt verbieten, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Anwaltstätigkeit selbständig und/oder unselbständig auszuüben. Bedeutsam unter Rechtsanwälten sind Wettbewerbsverbote in ihrer Ausprägung als räumliche Begrenzung, als sogenannte Niederlassungsverbote (314). Verboten wird, sich in einem bestimmten Ort oder Bezirk niederzulassen und/oder anstellen zu lassen.
Im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung hat das Bundesarbeitsgericht durch Urteile im Jahre 1969 (315) entschieden, dass die §§ 74 ff. HGB auf Wettbewerbsverbote mit Angestellten, die nicht kaufmännische Angestellte sind, entsprechend anzuwenden sind (316). Wettbewerbsverbote sind daher mindestens insoweit nach §§ 74 ff. HGB auszurichten, wie diese gemäß § 75 d HGB zwingendes Recht enthalten (317).
Darüber hinaus ist ein Wettbewerbsverbot nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt (§§ 74 a III HGB, 138 BGB) (318). Wegen der analogen Anwendung der HGB-Bestimmungen auch auf nichtkaufmännische Angestellte, wird es nur noch in begrenztem Umfange dazu kommen, dass Wettbewerbsabreden, als sittenwidrig angesehen werden, denn die Bestimmungen der §§ 74 II, 74 a HGB sind gegenüber § 138 BGB lex specialis (319). Eine Überprüfung der Wettbewerbsabrede an dem Maßstab der guten Sitten ist daher nur noch dann notwendig, ihr aus anderen als den in §§ 74 II, 74 a HGB genannten Gründen Makel anhaften (320).
Das Wettbewerbsverbot kann sich zulässigerweise sowohl auf eine selbständige als auch auf eine abhängige Tätigkeit beziehen, ebenso auch auf beides (321).
Gemäß § 74 a I 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. Dieser für den Handlungsgehilfen normierte Rechtssatz gilt für alle Arbeitnehmer (322). Regelungen oder Abreden, die das Recht des Einzelnen, frei darüber zu entscheiden, wie berufliches Können und Wissen und berufliche Erfahrung zur Daseinssicherung und Lebensführung verwertet werden sollen, berühren und beeinträchtigen, bedürfen nämlich der Rechtfertigung gegenüber dem Grundrecht aus Art. 12 GG (323).
Ein solches Interesse ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn der Arbeitgeber wegen der Tätigkeit des Arbeitnehmers begründeten Anlass hat, dessen Konkurrenz zu fürchten (324). Der Wunsch, den Arbeitnehmer von künftigen Kunden fernzuhalten oder seinen Arbeitsplatzwechsel zu erschweren, kann allerdings nicht als berechtigtes Interesse anerkannt werden (325).
Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass das Wettbewerbsverbot gemäß § 74 a I 2 HGB unverbindlich ist, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält.
Hierbei ist insbesondere das Interesse des Arbeitnehmers, nicht für die Dauer der Wettbewerbsvereinbarung von der Möglichkeit des sozialen und wirtschaftlichen Aufstiegs ausgeschlossen zu bleiben, zu berücksichtigen (326) ). Der Arbeitnehmer soll seine Kenntnisse und Erfahrungen, die er sich angeeignet hat, nach wie vor zumindest teilweise auswerten und erweitern dürfen, wenn auch nicht gerade an dem Ort und auf gerade dem speziellen Fachgebiet, wo er bisher gearbeitet hat (327).
Der örtliche Geltungsbereich muss so festgelegt sein, dass die Konkurrenzklausel dem Arbeitnehmer noch eine gewisse berufliche Bewegungsfreiheit lässt. Er muss inhaltlich so bestimmt sein, dass er für den Arbeitnehmer in seinen territorialen Auswirkungen erkennbar ist. (328)
Gemäß § 74 a I 3 HGB darf das Wettbewerbsverbot längstens auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen werden. Diese Frist kann aber nur dann ausgenutzt werden, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht (329). Das Wettbewerbsverbot darf auch grundsätzlich niemals soweit gehen, dass der Arbeitnehmer praktisch gezwungen ist, seine Kenntnisse und Erfahrungen während der Dauer der Karenzzeit brachliegen zu lassen und damit die Ergebnisse seiner Vorbildung und bisherigen beruflichen Entwicklung zu opfern (330). Vor allem ein Wettbewerbsverbot, das zu einem echten Berufswechsel zwingt, ist unzumutbar und deshalb unzulässig (331).
Die Interessen des Arbeitgebers sind also auf ihre Berechtigung zu prüfen und mit denen des Arbeitnehmers abzuwägen.
Die Rechtfertigung von Wettbewerbsverboten unter Rechtsanwälten unterliegt besonderen Anforderungen.
Schmitz hat die Frage aufgeworfen, ob irgendwelche Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Anwälten überhaupt mit dem Bild des Anwaltes nach dem Gesetz und seiner Stellung in der Öffentlichkeit vereinbar sind (332). Der Bundesgerichtshof hat entschieden, der Beruf des Rechtsanwalts sei dadurch gekennzeichnet, dass seine Angehörigen aufgrund ihrer Befähigung zum Richteramt unabhängige Organe der Rechtspflege sind und einen freien Beruf als unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ausüben. Mit diesem Berufszweck vertrage es sich nur in begrenztem Umfange, örtliche, zeitliche oder gegenständliche Beschränkungen der Berufsausübung zuzulassen. Der Grundsatz der freien Berufsausübung dürfe durch Vereinbarungen in vertretbarer Weise nur eingeengt werden, soweit besondere Umstände zu dem anerkennenswerten Bedürfnis führen, den einen Teil davor zu schützen, dass der andere die Erfolge seiner Arbeit illoyal verwertet oder sich in sonstiger Weise zu seinen Lasten die Freiheit der Berufsausübung mißbräuchlich zunutze macht. (333)
Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist grundsätzlich zuzustimmen (334) ).
Rechtsanwälte können sich daher nur einem zeitlich, räumlich und gegenständlich beschränkten Wettbewerbsverbot unterwerfen und auch dies nur, wenn dafür ein anerkennenswertes Bedürfnis zum Schutze des anderen Teils besteht (335). Auch für sie gilt, dass der etablierte Vertreter eines Berufs keine Monopolstellung für sich in Anspruch nehmen darf, sondern im Interesse der Fachgenossen, die erst am Anfang ihres Berufslebens stehen, vor allem aber im Interesse der Ratsuchenden, einen gesunden Wettbewerb hinzunehmen hat. (336).
Eich meint allerdings, die Notwendigkeit einer Vereinbarung von Konkurrenzklauseln ergebe sich für den Rechtsanwalt als Arbeitgeber daraus, dass seine Mitarbeiter nicht nur entlohnt würden, sondern auch die Möglichkeit hätten, an seinem "unternehmerischen" know-how teilzunehmen, etwa durch Kontakt mit oder persönliche Einflussnahme auf den Mandantenstamm. Den Abfluss dieses know-how mit dem Ausscheiden eines Mitarbeiters zu verhindern, sei ein berechtigtes Anliegen und ein Gebot wirtschaftlicher Selbsterhaltung. Die Beziehungen zu Mandanten sowie berufliche Erfahrung und berufliches "Wissen und Können" seien ein schutzbedürftiger Vermögenswert, in der Regel sogar Existenzgrundlage für den Arbeitgeber und andere Mitarbeiter, der nur durch Konkurrenzklauseln gesichert werden könne. Die allgemeine und grundsätzliche Ablehnung solcher Abreden müsse dazu führen, dass eine Anstellung von Mitarbeitern gleicher "Grundausbildung" kaum noch stattfinden könnte. (337)
Er sieht es als legitim an, eine "nicht gerechtfertigte" Partizipierung des ausscheidenden Mitarbeiters am "good will" der Kanzlei zu verhindern. Das "Wissen und Können" des Praxisinhabers als seine ureigene berufliche Leistung schlage sich unmittelbar im Mandantenstamm nieder. Der Mitarbeiter solle zwar die Möglichkeit haben, aus der beruflichen Erfahrung und dem anwaltlichen know-how des Praxisinhabers zu lernen und es für eine eigene anwaltliche Tätigkeit im Sinne der Erlernung anwaltlicher Fertigkeiten zu nutzen. Im Zusammenhang von anwaltlichen Fertigkeiten und dem "good will" einer Kanzlei könne er berechtigterweise an der Art und Weise, wie der "good will" geschaffen wird, partizipieren, nicht aber am Ergebnis des Einsatzes anwaltlicher Fertigkeiten. Dieses Ergbnis stelle für den Praxisinhaber einen Vermögenswert dar, den er zum Beispiel im Veräußerungsfalle realisieren könne und den er schützen müsse und dürfe. (338)
Dementsprechend ist auch Knief der Auffassung, dass das Interesse des Arbeitgeberanwalts an der Vereinbarung einer Wettbewerbsklausel um so schützenswerter sei, je stärker der verpflichtete Anwalt in den Praxisbetrieb eingebunden und der Kontakt zu den Mandanten entsprechend intensiv sei (339).
Demgegenüber hat Gleiss darauf hingewiesen, Mandanten seien keine Sachen, die man besitzen könne (340). Schmitz ist der Ansicht, diese würden sich nicht umsonst an den ehemaligen Mitarbeiter wenden (341). Er fragt, ob der Mandant, der nicht umsonst den "Verbots"-Kollegen aufsuche, aufgrund einer Konkurrenzklausel zu einem ihm unbekannten Dritten oder zu dem"zuständigen" Anwalt gehen solle (342). Dem Interesse am Schutz gegen Konkurrenz und dem Wunsch, eine redlich "erworbene" Klientel nicht dem Zugriff eines anderen auszusetzen, setzt er das Prinzip der freien Anwaltswahl durch den Mandanten entgegen (342).
Dagegen hält Oppenhoff aus Gründen der Fairness und der Sauberkeit im Wettbewerb zwischen Rechtsanwälten die Zulässigkeit von Wettbewerbsverboten für unverzichtbar (343).
Zur Rechtfertigung von Wettbewerbsverboten wird oftmals der ältere Kollege angeführt, der sich in jahrelanger Arbeit eine Praxis aufgebaut hat, in den Einkünften dieser Praxis oftmals seine einzige Altersversorgung sieht und es als illoyal empfindet, wenn ein jüngerer Kollege, der als sein Angestellter Kenntnisse und Berufserfahrung erworben hat, nunmehr Mandanten aus seiner Praxis abzieht (344). Es ist allerdings zu hoffen, dass die Zahl derart bedauernswerter Anwälte infolge der zunehmenden Alterssicherung durch Lebensversicherungen u.ä. und durch die Einführung der Versorgungswerke immer geringer werden wird. Auch ist zu berücksichtigen, dass Anwälte, die etwa ein großes Unternehmen jahre-, oft jahrzehntelang vortrefflich betreut haben, diesen Mandanten nicht deshalb verlieren, weil ein noch so tüchtiger junger Mann sich in dieses oder jenes Problem des alten Klienten hineingearbeitet hat (345). Im allgemeinen wird der Mandant auch eher sein Vertrauen in die Berufs- und Lebenserfahrung und den darauf beruhenden guten Ruf des älteren Arbeitgeberanwalts setzen als in die Agilität des jungen Arbeitnehmeranwalts. Hierfür sprechen auch die bereits geschilderten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, denen jüngere Anwälte noch Jahre nach der Gründung der eigenen Kanzlei gegenüber stehen (346).
Angesehene Kanzleien sollen sogar inzwischen ganz von Wettbewerbs- und Mandantenschutzklausel abgegangen sein (347). Sie sehen hierfür oftmals keine Notwendigkeit, teils wegen alter persönlicher Beziehungen, aber mehr noch, weil sie für die ganz verschiedenen Probleme der von ihnen betreuten Mandanten eine ganze Reihe von Experten der verschiedenen Gebiete bereit- halten (347). Weitere Vorzüge, die der Anwalt, der abspringt, nicht gleich bieten kann, wie etwa eine vielseitige Bibliothek, der moderne technische Apparat und das eingearbeitete zuverlässige Personal verschaffen diesen Kanzleien eine hinreichend starke Stellung im Wettbewerb, auch mit dem abgesprungenen Kollegen (348).
Es ist daher im Einzelfall stets zu prüfen, ob überhaupt und gegebenenfalls inwieweit ein Wettbewerbsverbot wirklich gerechtfertigt ist (349). Kaum begründen lässt sich ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgeberanwalts an der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel dann, wenn der dienstverpflichtete Anwalt überwiegend nur mit der Erstellung von Gutachten oder Schriftsätzen befasst ist und nur geringen Kontakt zum Mandantenkreis seines Dienstherrn hat (350).
Im übrigen sind die Interessen des Arbeitgeberanwalts mit denen des Arbeitnehmeranwalts und der betroffenen Mandanten abzuwägen.
Aus den genannten Umständen ergibt sich, dass nur in Ausnahmefällen ein Wettbewerbsverbot verbindlich vereinbart werden kann (351).
Ein Wettbewerbsverbot ist ausnahmsweise nur dann gerechtfertigt, wenn die Existenz des hiervon begünstigten Praxisinhabers ohne es tatsächlich gefährdet wäre (352).
In derartigen Fällen mag es an einem kleineren Ort für einen wirtschaftlich umgrenzten Raum zulässig sein, der zwar nicht mit dem Amtsgerichtsbezirk identisch zu sein braucht, regelmäßig aber auch nicht den gesamten Landgerichtsbezirk umfassen darf (353). In Großstädten dürfte ein Wettbewerbsverbot regelmäßig überhaupt nicht verbindlich vereinbart werden können (354). Hier kommt im Ausnahmefall höchstens eine räumliche Beschränkung auf einen Stadtteil, z.B. einem Vorort, der in seiner räumlichen und bevölkerungsmäßigen Struktur einem ländlichen Bezirk vergleichbar ist und dem Einzugsbereich der Kanzlei entspricht, in Betracht (355).
Allerdings darf der Anwalt in dem Raum, in dem er sich nicht niederlassen oder anstellen lassen darf, anwaltlich tätig werden und auch Mandanten aus diesem Raum betreuen, es sei denn, er verfolge Umgehungsabsichten (356).
bb) Mandantenschutzklauseln
Mandantenschutzklauseln kommen als sogenannte beschränkte oder als allgemeine Mandantenschutzklauseln vor (357).
Beschränkte Mandantenschutzklauseln, auch Abwerbungsverbot genannt, verbieten dem Arbeitnehmer lediglich, sich aktiv um Mandanten des bisherigen Arbeitgebers zu bemühen, diese an sich zu ziehen und sie zu umwerben (357).
Soweit arbeitsvertragliche Mandantenschutzklauseln lediglich die Abwerbung von Mandanten des früheren Arbeitgebers verbieten, d.h. das Einwirken auf diese mit dem Ziel, sie bei einem Wechsel der Tätigkeit mitzunehmen, bestätigen sie nur, was kraft Standesrechts ohnehin nicht zulässig ist (358). Solche Abwerbungsverbote sind deshalb auch nicht entschädigungspflichtig (359) und ohne besondere Einschränkungen zulässig (360).
Allgemeine Mandantenschutzklauseln untersagen dem Arbeitnehmer, als Angestellter in einem anderen Arbeitsverhältnis oder als Selbständiger Mandanten seines frühen Arbeitgebers zu betreuen (361) ).
Der Grundsatz, für Wettbewerbsverbote aller Arbeitnehmer die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB entsprechend anzuwenden, gilt auch für allgemeine Mandantenklauseln, da sie die Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers in vergleichbarer Weise einschränken (362).
Fraglich ist aber, ob allgemeine Mandantenschutzklauseln zwischen Rechtsanwälten überhaupt wirksam vereinbart werden können.
Zunächst hat Steindorff die Ansicht vertreten, jede vertragliche Bestimmung, die einem Rechtsanwalt untersage, für eine bestimmte Zeit bestimmte Mandanten zu betreuen, sei schon wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig (363). Entscheidend spreche hierfür, dass eine solche Klausel den Rechtssuchenden in der freien Wahl des Anwalts seines Vertrauens beeinträchtigen würde (363). Man könne auch auf §§ 3 III BRAO und 134 BGB abstellen (364).
Danach entschied das LAG Baden Württemberg, Mandantenschutzvereinbarungen unter Rechtsanwälten, in welchen sie sich verpflichten, Mandatsangebote der für den anderen Rechtsanwalt geschützten Mandanten abzulehnen und darüber hinaus auf diese einzuwirken, sich weiterhin von dem anderen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, verstießen gegeen § 3 BRAO und seien deswegen unwirksam (365). Aus dieser Vorschrift leitet das Gericht die Regelung ab, dass sich jedermann durch den Anwalt beraten und vertreten lassen dürfe, dem er seine Angelegenheit anvertrauen möchte (366). Mit dieser Regelung seien derartige Mandantenschutzklauseln an sich nicht vereinbar (366). Zwar impliziere das Recht der freien Anwaltwahl keinen Kontrahierungszwang, Mandantenschutzklauseln begründeten aber das Gegenteil, nämlich einen Ablehnungszwang und beschränkten also das in § 3 III BRAO normierte Recht Dritter, ihre Rechtsangelegenheiten einem Anwalt ihrer Wahl zu übertragen (367).
Diese Bedenken gegen die Gesetzeskonformität von Mandantenschutzklauseln werden allerdings nicht allgemein geteilt.
Der Sozietätsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins hat gegen die Verpflichtung eines Anwalts, von bestimmten Mandanten kein Mandat anzunehmen, keine grundsätzlichen Bedenken gehabt (368) ). Nicht nur aus Gründen der Praktikabilität, sondern auch um die Grenze des Zumutbaren nicht zu überschreiten, solle die Mandantenschutzvereinbarung allerdings spezifiziert sein, d.h. die Mandanten, von denen der gebundene Anwalt keine Mandate für eine bestimmte Zeit annehmen darf, sollten bei Beendigung der Zusammenarbeit namentlich genau aufgeführt werden, wobei in dieses namentliche Verzeichnis nur Mandanten aufgenommen werden sollten, die für den bindenden Anwalt wichtig sind (369) ).
Lingenberg hat eine Mandantenschutzklausel, in der sich der ausscheidende Kollege verpflichtet, während eines Zeitraums von etwa zwei Jahren keine Mandate von Personen zu übernehmen, die zur Klientel des Praxisinhabers gehörten, als weniger bedenklich als eine vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot in Form einer Niederlassungssperre angesehen. Letzteres übersteige fast immer das Schutzbedürfnis des alten Praxisinhabers und sei zudem mit einem Eingriff in den öffentlich-rechtlichen Status als Rechtsanwalt (Kanzleipflicht gemäß § 27 II BRAO) verbunden. (370)
Das Bundesarbeitsgericht hat die Meinung, eine Mandantenschutzklausel wirke sich als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter aus, nämlich zu Lasten derjenigen Mandanten, die sich aus eigenem Entschluss und ohne Zutun des Ausscheidenden in dessen Betreuung begäben, als unrichtig bezeichnet (371). Diese Meinung übersähe nämlich, dass jede vereinbarte Beschränkung der Berufsausübung eines Arbeitnehmers, die wie die §§ 74 ff. HGB und § 133 f GewO zeigten, vom Gesetzgeber zugelassen sei, sich mittelbar stets zu Lasten Dritter auswirken könne (371). Das besage aber nichts gegen die Gültigkeit solcher Abreden, wenn sie sich nur sonst im erlaubten Rahmen hielten (371). Diese Entscheidung betraf allerdings eine Mandentenschutzklausel unter Steuerberatern (372).
In einer späteren Entscheidung, die auch Steuerberater betraf, hat das Bundesarbeitsgericht aber erwogen, ob Mandantenschutzklauseln nicht als eine Form mittelbarer Werbung aufzufassen sind, weil sie bewirken sollen, dass die Mandanten dem durch die Klausel Begünstigten erhalten bleiben (373). Es hat aber nicht feststellen können, dass bezahlte Mandantenschutzklauseln nach dem Berufsrecht der Steuerberater für unzulässig gehalten werden und deshalb auch eine arbeitsrechtliche Verwerfung derselben abgelehnt (373).
Auch der Bundesgerichtshof hat in einer neueren Entscheidung hinsichtlich von Mandantenschutzklauseln unter Rechtsanwälten unter dem zu prüfenden Aspekt keinerlei Bedenken geäußert (374).
Eich hat die Deduktion des LAG Baden-Württemberg als nicht überzeugend bezeichnet. Wenn der Anwalt keinem Kontrahierungszwang unterliege, sei es für § 3 III BRAO ohne Belang, aus welchem Grund ein Mandat abgelehnt werde.
Eine graduell unterschiedliche Auswirkung auf ein "Wahlrecht" bestehe nicht deshalb, weil der Anwalt einmal ein Mandat aus freien Stücken, ein anderes Mal aufgrund der Bindung an eine Konkurrenzklausel gezwungenermaßen ablehne. Wo der Anwalt an sich in seiner Entscheidung über die Annahme eines Mandates ungebunden sei, führe die vertraglich übernommene Beschränkung durch eine Konkurrenzklausel nicht zur Unzulässigkeit dieser Klausel, da dem Mandanten nur etwas genommen werde, auf das er ohnehin keinen Anspruch hätte. (375)
Der angestellte Anwalt wird wohl häufig, wenn eine nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung im Interesse des Arbeitgeberanwalts geboten ist, eine auf einen abgegrenzten Kreis von Mandanten bezogene Mandantenschutzklausel weniger belastend empfinden als ein örtlich begrenztes Verbot der Niederlassung oder Anstellung (376).
Bei einem örtlich begrenzten Wettbewerbsverbot - nur ein solches kommt regelmmäßig überhaupt in Frage (377) - haben aber jene Mandanten, die dem ausgeschiedenen Anwalt wirklich folgen wollen, die Möglichkeit sich von ihm weiterhin, wenn auch unter Aufwendung einiger Mühen und eventuell zusätzlicher Kosten, betreuen zu lassen (377). Ein Wettbewerbsverbot beläßt also im Gegensatz zur Mandantenschutzabrede den Mandanten die Freiheit, dem Anwalt ihres Vertrauens zumindest als Verkehrsanwalt beauftragen zu können, wobei die von ihnen aufzuwendenden Mühen und Kosten einen gewissen Schutz vor standeswidrigen Abwerbungsversuchen des ausgeschiedenen Anwalts bieten.
Aus der Sicht des Mandanten macht es einen erheblichen Unterschied, aus welchen Gründen ein Rechtsanwalt ein ihm angetragenes Mandat ablehnt. Wenn der Rechtsanwalt es ablehnt, weil er sich zur Wahrnehmung desselben nicht hinreichend kompetent fühlt, eine Interessenkollision vorliegt oder der Anwalt nicht genügend Zeit zur sachgemäßen Bearbeitung hat, wird der Mandant diese Gründe nachvollziehen können, und sein Vertrauen in die Anwaltschaft und den konkreten Anwalt wird eher noch wachsen.
Das Vertrauen des Mandanten ist aber die unentbehrliche Basis für Tätigkeit des Anwalts (378). Dies gilt sowohl für das einzelne Mandat als auch für die Tätigkeit der Rechtsanwaltschaft in unserem Staat insgesamt (378). Mandantenschutzklauseln beeinträchtigen die davon betroffenen Rechtsuchenden nicht nur in der freien Anwaltswahl und zwingen ihnen einen Anwalt als Berater und Vertreter auf, der ihr Vertrauen weniger genießt als ein anderer, sondern sind darüber hinaus geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Seriösität der Anwaltschaft insgesamt zu beeinträchtigen.
Die Freiheit der Anwaltswahl und die auf dem Vertrauen der Mandantschaft gegründete Stellung des Anwalts im System der Rechtspflege stehen in einer Wechselwirkung. Die Freiheit der Anwaltswahl ist die Grundlage des Vertrauens der Mandantschaft. Die Notwendigkeit des Vertrauens zur Wahrnehmung der dem Anwalt übertragenen Aufgaben legitimiert die Freiheit der Anwaltswahl.
Wenig Verständnis wird berechtigterweise der Anwalt beim Mandanten finden, der zwar prinzipiell willig und auch in der Lage ist, das ihm angetragene Mandat wahrzunehmen, aber erklären muss, eine Absprache mit einem Kollegen hindere ihn daran (379). Die beteiligten Anwälte stellen nämlich ihre eigenen finanziellen Interessen bzw. ihre Bequemlichkeit ohne wirklich zwingende Gründe über das Vertrauen der Mandantschaft, denn sie hätten die Möglichkeit, sofern eine Wettbewerbsbeschränkung wirklich erforderlich ist, ein räumlich beschränktes Niederlassungs- oder Anstellungsverbot zu vereinbaren, das den Mandanten die freie Anwaltswahl grundsätzlich belässt. Sie offenbaren damit eine Einstellung, die die Mandanten in ihrem Vertrauen nachhaltig enttäuschen muss und dem allgemeinen Ansehen des Anwalts als vertrauenswürdigen Berater und Vertreter in Rechtsangelegenheiten schadet.
Die Ablehnung des Mandats ist in diesem Fall auch nicht Ausdruck der Freiheit der Berufsausübung, sondern drückt vielmehr eine nicht mit dem Berufsbild vereinbare Unfreiheit aus.
Ob man die zivilrechtliche Unwirksamkeit dieser Abreden aus § 43 S. 2 BRAO in Verbindung mit § 134 BGB (380) ableitet oder wie das LAG Baden-Württemberg dem § 3 III BRAO eine entsprechende Schutzrichtung bei- legt (381), ist dabei im Ergebnis unerheblich. Eine Einwirkungsabrede verstößt darüber hinaus - wie das genannte Gericht zutreffend ausgeführt hat (382) gegen das Verbot der gezielten Werbung um die Praxis (383) und ist daher nach §§ 43 S. 2 BRAO, 134 BGB auch gerade deswegen nichtig.
Eine Mandantenschutzabrede bedarf zu ihrer Durchsetzung zudem der Statuierung von Auskunftspflichten (384). Dementsprechend ist in der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt worden, dass derjenige, der einem anderen gegenüber verpflichtet ist, Wettbewerb zu unterlassen, diesem Auskunft schuldet, sobald er ihm erheblichen Anlass gegeben hat zu vermuten, er habe diese Pflicht verletzt; dabei wurde auf den anerkannten Grundsatz Bezug genommen, wonach eine Auskunftspflicht bei einem solchen Rechtsverhältnis besteht, aus dem einem Beteiligten Ansprüche erwachsen können, die er ohne vorherige Auskunft nicht geltend zu machen vermag (385). Gegen derartige Auskunftspflichten unter Rechtsanwälten bestehen aber durchschlagende Bedenken (386).
Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass sogenannte Mandantenschutzvereinbarungen nichtig sind.
cc) Mandantenübernahmeklausel
Mandantenübernahmeklauseln unterscheiden sich von allgemeinen Mandantenschutzklauseln dadurch, dass kein Konkurrenzverbot vereinbart wird, sondern im Gegenteil die Betreuung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers ausdrücklich zugelassen wird, allerdings verbunden mit der Verpflichtung des Ausgeschiedenen, eine Anteil vom Honorar des jeweils übernommenen Mandats an den ehemaligen Arbeitgeber abzuführen (387). Teilweise gibt es auch Mischformen, d.h. der ausscheidende Anwalt verpflichtet sich neben einer Mandantenschutzklausel, einen Teil der Gebühren an den ehemaligen Arbeitgeber abzuführen, wenn er der Mandantenschutzklausel zuwider handelt (388).
Büsken meint, auf Mandantenübernahmeklauseln seien die §§ 74 ff. HGB, insbesondere § 74 a II HGB, nicht analog anwendbar. Vielmehr seien derartige Klauseln umfassend im Rahmen des § 138 I BGB zu überprüfen, wobei wesentliche Wertmaßstäbe der §§ 74 ff. HGB, vor allem des § 74 a I HGB, heranzuziehen sind. Er erachtet diese Klauseln bei angemessener Ausgestaltung für zulässig (389).
Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings angedeutet, auch bei Mandantenübernahmeklauseln sei, zumindest in bestimmten Fällen, die Vereinbarung einer Karenzentschädigung Wirksamkeitsvoraussetzung (390).
Bedenken gegen derartige Klauseln ergeben sich aber aus einem anderen Gesichtspunkt.
Das LAG Baden-Württemberg hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Vertragsabrede, die den ausgeschiedenen Anwalt verpflichtet, seinem ehemaligen Arbeitgeber mitzuteilen, falls ein geschützter Mandant an ihn herangetreten ist, dem pflichtigen Anwalt das Risiko eines Verstoßes gegen § 203 I Nr. 3 StGB aufzwingt und daher nach § 134 BGB nichtig ist (391). Gleiches muss für entsprechende Auskunftspflichten gelten.
Der Geheimnisschutz ist nämlich im Bereich der anwaltlichen Berufsausübung besonders weitreichend (392). Die Verschwiegenheitspflicht verpflichtet den Rechtsanwalt insbesondere auch zur Diskretion gegenüber seinen Kollegen (s. § 42 II Rili) (393). Eine Wahrung eigener Interessen zur Einhaltung der eingegangenen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber einem Kollegen rechtfertigt nicht den Eingriff in das Mandantenrecht und kann die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht aufheben (394).
Es kann vorkommen, dass ein geschützter Mandant mit der Begründung an den ausgeschiedenen Anwalt herantritt, er wolle in einer bestimmten Sache nicht vom ehemaligen Arbeitgeberanwalt, sondern von ihm - aus welchen Gründen auch immer - beraten oder vertreten werden; dies solle aber der ehemalige Arbeitgeberanwalt auf keinen Fall erfahren ( (395). Würde in derartigen Fällen der Rechtsanwalt vom Rechtssuchenden gleichwohl verlangen, er solle in die Weitergabe der erforderlichen Angaben einwilligen, andernfalls könne er das Mandat nicht annehmen (396) ), so würde sich im Weigerungsfall die Mandantenübernahmevereinbarung wie eine Mandantenschutzklausel auswirken und den Rechtssuchenden in der Freiheit der Anwaltswahl beschränken.
Die Durchführung einer Mandantenübernahmevereinbarung mit dem oben dargestellten Inhalt ist aber ohne entsprechende Mitteilungs- oder Auskunftspflichten oder sogar Einsichtsrechte kaum möglich, sofern das Recht und nicht bloß die Ehrlichkeit der Beteiligten die abredegemäße Durchführung gewährleisten soll.
Sogenannte kollisionsneutrale Auskünfte in Form von Sammelauskünften (397) ) sind zum einen nicht immer möglich (398) ) und stellen selbst, wenn ihre Richtigkeit an Eides statt versichert wird (399), keine effektive, vor allem auch unlauterkeitsausschließende Kontrollmöglichkeit dar. Die Einschaltung eines neutralen Dritten (400) hängt auch wiederum vom Einverständnis der Mandanten ab und kann schon daran scheitern, dass der aus der Vereinbarung Verpflichtete deren Nichteinverständnis bloß behauptet.
Es gibt somit zwingende Gründe, die zum Ergebnis führen, dass Mandantenübernahmeklauseln - jedenfalls unter Rechtsanwälten nach Beendigung eines Dienstverhältnisses - nicht praktikabel sind.
4. Die Sozietätszusage
Häufig werden Anstellungsverhältnisse unter Rechtsanwälten als Durchlaufstation entweder für eine eigene selbständige Tätigkeit des Mitarbeiters oder für eine Überführung des Mitarbeiters zu einem Sozius in der Kanzlei, in der er mitarbeitet, gedacht und auch praktiziert (401). Dementsprechend stellen Anwälte oder Sozietäten, die anwaltliche Mitarbeiter suchen, nicht selten den Bewerbern eine spätere Assoziierung in Aussicht. Die Formulierungen, welche hierzu etwa in den einschlägigen Stellenanzeigen verwandt werden, klingen mehr oder weniger verbindlich (z.B.: "konkrete Sozietätsaussichten", "bei Bewährung Aufnahme als Partner"). Im allgemeinen wird jedoch, wenn auch oft nur stillschweigend, der Vorbehalt gemacht, dass sich der Einzustellende zu "bewähren" habe. Nach außen hin scheint es sogar häufig so, dass das Arbeitsverhältnis vor allem auch der Erprobung des potentiellen Sozius dienen soll.
Die Hommerich-Studie hat ergeben, dass je nach Anwaltstyp immerhin zwischen 30 % und 50 % der angestellten Anwälte und frreien Mitarbeiter erwarten, in die Büros als Sozien aufgenommen zu werden, in denen sie beschäftigt sind. Allerdings weisen 11 % der Anwälte aus dieser Gruppe darauf hin, dass sie von ihren "Senioren" über die Möglichkeit einer Partnerschaft im unklaren gelassen würden. Hommerich folgert, dies zeige generell, dass der Entscheidung über die Aufnahme von Partnern Verhaltensunsicherheiten auf seiten der "Junioren" wie auch der "Senioren" vorgelagert seien. (402)
Rechtlich unproblematisch sind natürlich die Fälle, in denen tatsächlich eine spätere Assoziierung des Mitarbeiters erfolgt oder man einvernehmlich oder zumindest auf Wunsch des Mitarbeiters später getrennte Wege geht, etwa aufgrund der Feststellung unzureichender Harmonie.
Andernfalls stellt sich aber die Frage nach dem rechtlichen Wert solcher Zusagen.
Vieles liegt hier im Dunkeln.
Eich hat beispielsweise die Fälle, in denen eine spätere Assoziierung von den Parteien des Beschäftigungsverhältnisses ins Auge gefasst wurde, unter dem Aspekt der angemessenen Dauer desselben behandelt (403). Er ist zu dem Ergebnis gekommen, nach drei bis fünf Jahren müsse der anstellende Anwalt das Mitarbeiterverhältnis in eine Sozietät überführen oder dem Mitarbeiter die Gelegenheit geben, unbeeinflusst von der vagen Inaussichtstellung einer Sozietät seine weitere berufliche Entwicklung zu gestalten (404) ). Eine längere Beschäftigung bedinge "unangemessene" Vertragsbedingungen (405).
Bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit hat eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine gewisse Klarheit geschaffen. Danach gilt folgendes:
Schadenersatzansprüche wegen angeblicher Nichteinhaltung einer Sozietätszusage sind grundsätzlich vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (406). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Abrede über die geplante Sozietät neben dem Arbeitsverhältnis für die Parteien innerhalb der Vertragswerke eigenständige Bedeutung hat (407). Letzteres ist jedoch regelmäßig der Fall (408). Der fragliche Schadenersatzanspruch wurzelt nämlich grundsätzlich nicht im Arbeitsverhältnis; er ist vielmehr in den bereits angebahnten gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Parteien begründet (408). Dies gilt auch dann, wenn der Mitarbeiter sich die Assoziierung durch seine Arbeitsleistung "verdienen" sollte (409).
Eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen kann allerdings wegen des Sachzusammenhangs nach § 3 I ArbGG gegeben sein (410).
Aus den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts kann in materiell-rechtlicher Hinsicht abgeleitet werden, dass die Sozietätszusage als Problem im Vorfeld eines Gesellschaftsvertrages anzusiedeln ist. Dennoch ist sie mit dem Arbeitsverhältnis insofern verknüpft, als dass die Eingehung oder Fortsetzung desselben ihre Folge sein kann.
Es liegt nun nahe, dem Arbeitgeber die Pflicht aufzuerlegen, zunächst wahrheitsgemäß anzugeben, ob er tatsächlich "bei Bewährung" eine spätere Assoziierung anstrebt, und den Arbeitnehmer später gegebenenfalls über die Aufgabe dieser Absicht aufzuklären.
Die Verletzung dieser Pflicht durch Täuschung oder mangelnde Aufklärung kann ihn dann zum Schadensersatz verpflichten, etwa weil der Arbeitnehmer ein anderes, für ihn günstigeres Angebot im Vertrauen auf die Sozietätszusage ausgeschlagen hat. Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit sowohl vertragliche (culpa in contrahendo oder positive Forderungsverletzung) als auch deliktische Anspruchsgrundlagen (§§ 823 II BGB, 263 StGB und § 826 BGB) in Betracht.
Der Vermögensschaden des Arbeitnehmers liegt darin, dass er seine Arbeitskraft nicht zu den bestmöglichen Bedingungen verwerten konnte. Er kann im Zweifelsfalle auch nach § 287 ZPO ermittelt werden.
Schwierigkeiten für den anspruchstellenden Arbeitnehmer kann aber der Nachweis bereiten, dass der Arbeitgeber von Anfang an überhaupt nicht die Absicht hatte, ihn als Sozius zu übernehmen oder dass der Arbeitgeber diese Absicht zwischenzeitlich aufgegeben hat, ohne ihm dies mitzuteilen.
Es liegt nun nahe, diese Schwierigkeiten zu Gunsten des Anspruchstellers dadurch zu beseitigen, dass man annimmt, die Tatsache, dass der Arbeitgeber nach einer angemessenen Frist, beispielsweise nach fünf Jahren, keine Erklärungen hinsichtlich seiner Vorstellungen über die Zukunft der Zusammenarbeit abgegeben habe, begründe einen Anschein dafür, dass er von Anfang an oder durch späteres Schweigen treuwidrig Sozietätsabsichten nur vorgespiegelt habe, um die Arbeitsleistung und Arbeitskraft des Mitarbeiters auszubeuten. Allerdings ist zu befürchten, dass eine entsprechende Rechtsprechung lediglich zur Folge haben wird, dass der gewiefte Arbeitgeberanwalt vor Ablauf einer der- artigen Frist das Arbeitsverhältnis beenden wird, etwa mit der Begründung, der Mitarbeiter habe sich in seinen Augen nicht bewährt oder die Zusammenarbeit habe sich nicht als hinreichend fruchtbar herausgestellt.
Auf diesem Wege kann also der Arbeitnehmeranwalt kaum vor einer Vortäuschung der Assoziierungsabsicht seitens des Arbeitgebers und der damit verbundenen Ausbeutung geschützt werden.
Die Zubilligung eines Erfüllungsanspruchs im Wege der Zwangsassoziierung durch das Gericht muss aber schon daran scheitern, dass es die Frage der "Bewährung", insbesondere hinsichtlich der "Harmonie" der Zusammenarbeit kaum sicher beurteilen können wird. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Frage der Assoziierung um eine wechselseitig schwierige Entscheidungslage handelt, die für beide Seiten hohe Risiken in sich birgt (411). Es ist dem Arbeitgeber kaum zumutbar, aufgrund der Einschätzung unbeteiligter Dritter (Richter) mit diesen Risiken, vor allem den Haftungsrisiken (412), belastet zu werden. Auch hier würde im übrigen die Annahme eines Anscheins für diese Umstände, aufgrund einer gewissen Dauer der Zusammenarbeit, die Arbeitgeber zu der obengenannten Konsequenz veranlassen.
Auch standesrechtliche Konsequenzen wegen einer später nicht verwirklichten Sozietätszusage, die Eich offenbar im Auge hat, sind nicht angezeigt, denn es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die Nichteinhaltung einer derartigen Zusage die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gefährdet wird (413).
Als Ergebnis muss also festgestellt werden, dass Sozietätszusagen, wie sie etwa in Stellenanzeigen häufig vorkommen, rechtlich praktisch ohne Wert sind.