StartseitePublikationenAnmerkungen zur Veröffentlichung in "Das Blatt" 2/2005

Rechtsanwalt Dr. Michael Stehmann

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Kritische Anmerkungen zum Entwurf eines neuen Generalpachtvertrages und einer Kleingartenordnung der Landeshauptstadt Düsseldorf für stadteigene Kleingartenanlagen

Vorbemerkung

A. Bundesrecht

Das Kleingartenrecht ist durch ein Bundesgesetz, nämlich das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) geregelt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 1 dieses Gesetzes ist ein Kleingarten ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen, gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung). Diese Norm enthält somit eine Legaldefinition des Begriffes der kleingärtnerischen Nutzung.

(Der Text dieses Gesetzes findet sich unter: kleingartenweb.de)

Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass ein zentrales Merkmal eines Kleingartens die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, also die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen sei. Kennzeichnend für diese Nutzungsart ist die Vielfalt der Gartenbauerzeugnisse. (BGH, Urteil vom 17.06.2004 — III ZR 281/03 — und Urteil vom 16.12.1999 — III ZR 89/99)

Das zweite vom Gesetz hervorgehobene Element sei die Nutzung zu Erholungszwecken. Die Erholungsfunktion dürfe aber die Verwendung des Gartens zum Anbau nicht ersetzen. Die Erholungsnutzung des Gartens dürfe zur Gewinnung von Gartenbauprodukten nur hinzutreten nicht aber den Anbau von Nutzpflanzen verdrängen. Die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen ist weiterhin ein notwendiges, prägendes Merkmal für das Vorliegen einer Kleingartenanlage. (BGH, Urteil vom 17.06.2004 — III ZR 281/03)

Die Beschränkungen, denen der Eigentümer durch das Bundeskleingartenrecht unterliegt, beziehen nach der höchstrichterlicher Rechtsprechung ihre Rechtfertigung im Lichte des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetzes damit zu einem wesentlichen Teil aus dem Nutzungszweck des Gartenanbaus. Der Erholungszweck allein würde die Beschränkungen, denen der Eigentümer von Kleingartengrundstücken unterliegt, jedoch nicht rechtfertigen. (BGH, Urteil vom 17.06.2004 — III ZR 281/03)

Irreführend ist es demgemäß, wenn die Stadt Düsseldorf zur Entwicklung des Kleingartenwesens (auf ihrer Homepage) folgendes ausführt:

"Der Erholungs- und Freizeitgedanke ist in den Vordergrund getreten. Der Anbau von Gartenbauerzeugnissen und die Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln nimmt nur noch eine Randstellung ein. Bepflanzungen mit Zierhölzern, pflegeleichte Rasenflächen, großzügig gepflasterte Wege und Terrassen sowie teils aufwendig gestaltete Gartenlauben lassen den Trend hin zu einem reinen Erholungs- und Freizeitgarten deutlich werden."

Zwar verbessert die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen nur noch unwesentlich die Versorgungslage; die Erzeugung einer Vielfalt von Gartenbauerzeugnissen durch Selbstarbeit des Kleingärtners und seiner Familienangehörigen leistet aber nunmehr einen kaum zu ersetzenden Beitrag zur Bildung vor allem junger Stadtmenschen. Ferner kann sie bei entsprechendem Engagement der Kleingärtner der Erhaltung alter Sorten und damit eines breiten Genpools unserer Nutzpflanzen dienen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BKleingG "sollen" bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BKleingG ist im Kleingarten eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 qm Grundfläche einschließlich überdachten Freisitz zulässig

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass mit dieser Regelung sichergestellt werden solle, dass Charakter und Eigenart von Kleingartenanlagen erhalten bleiben; insbesondere solle verhindert werden, dass sich Kleingartenanlagen zu Wochenendhaus- oder Feriengebieten entwickeln. Die nach § 3 Abs. 2 BKleingG zulässigen Lauben haben danach nur eine der gärtnerischen Nutzung des Grundstückes dienende Hilfsfunktion. Sie dienten zur Aufbewahrung von Geräten für die Gartenbearbeitung und von Gartenerzeugnissen sowie kurzfristigen Aufenthalten des Kleingärtners und seiner Familie aus Anlass von Arbeiten oder der Freizeiterholung im Garten. Die Laube dürfe nicht zu einer regelmäßigen Wohnnutzung, etwa an den Wochenenden, einladen. (BGH, Urteil vom 24.07.2003 — III ZR 203/02 m.w.N.)

B. Zur jüngeren Entwicklung des Kleingartenwesens in Düsseldorf

Der Stadtverband Düsseldorf der Kleingärtner e.V. ist im Jahre 1997 aus dem Landesverband Rheinland der Kleingärtner e.V und damit auch aus dem Bund Deutscher Gartenfreunde ausgetreten. Der Vorstand der nunmehr "unabhängigen" Spitzenorganisation aller Düsseldorfer Kleingärtner strebte in der Folgezeit neuen Ufern zu.

Hierzu habe ich mich bereits im Jahre 1999 kritisch geäußert. (nachzulesen unter bilkinfo.de)

Dass meine damaligen Aussagen über die Absichten des Stadtverbandvorstandes nicht fehl gingen, belegt eine Publikation des Stadtverbandvorstandsmitgliedes Johann Thelen (unter www.vdgnev.de).

Erwähnenswert ist noch, dass bereits 1998 der Grüne Krefelder Ratsherr Christph Bönders darauf hingewiesen hat, dass Kleingärtner, die in die Gestaltung Ihres Kleingartens verstärkt ökologische Ideen einfließen lassen möchten, erhebliche Akzeptanzprobleme haben.


Zum Entwurf eines neuen Generalpachtvertrages und einer Kleingartenordnung der Landeshauptstadt Düsseldorf für stadteigene Kleingartenanlagen

In "Das Blatt", der Zeitschrift, welche die Düsseldorfer Kleingärtner seit dem Austritt des Stadtverbandes aus dem Landesverband erhalten, waren in der ersten Ausgabe 2005 Entwürfe des Generalpachtvertrages 2004 und einer Kleingartenordnung der Landeshauptstadt Düsseldorf für stadteigene Kleingartenanlagen (jeweils Stand 09.11.2004) abgedruckt.

A. Bisherige Rechtslage

Bisher waren die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Stadtverband Düsseldorf der Kleingärtner e.v., als Zwischenpächter und der Landeshauptstadt Düsseldorf als Verpächterin in einem Generalpachtvertrag geregelt.

Die folgenden Ausführungen beruhen auf dem Vertrag vom 16.03.1988 sowie den Nachträgen vom 11.04.1989 und 18.07.1989.

In ökologischer Hinsicht sind vor allem folgende Regelungen bedeutsam:

Gemäß § 5 des Vertrages hat der Zwischenpächter sicherzustellen, dass

Gemäß § 5 5.12 bedarf die Bienenhaltung der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Verpächterin.

Gemäß § 6 6.3 ist der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf unumgängliche Fälle und auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. ... Der Einsatz chemischer Unkrautvernichtungsmittel ist verboten.

B. Kritische Anmerkungen zum Entwurf eines neuen Generalpachtvertrages und einer Kleingartenordnung der Landeshauptstadt Düsseldorf für stadteigene Kleingartenanlagen

I. Zum "Generalpachtvertrag 2004"

Der Generalpachtvertrag regelt nicht mehr das gesamte Rechtsverhältnis zwischen der Verpächterin und dem Zwischenpächter.

Gemäß § 13 Satz 1 des Generalpachtvertrages werden "im übrigen" die regelungsbedürftigen Einzelheiten für die kleingärtnerische Nutzung der Pachtflächen in einer Kleingartenordnung geregelt, welche die Verpächterin unter Beteiligung der zuständigen parlamentarischen Gremien und im Benehmen mit dem Zwischenpächter erlässt.

"Benehmen" bedeutet im verwaltungsrechtlichen Sprachgebrauch etwas anderes als "Einvernehmen". "Benehmen" setzt lediglich eine Anhörung und Erwägung der Stellungnahme voraus; sie gibt dem, dessen "Benehmen" einzuholen ist, kein Mitbestimmungs- oder Vetorecht.

Die Entwicklung des Kleingartenrechtes in der praktischen Durchführung in Düsseldorf liegt damit entscheidend in der Hand der erwähnten "parlamentarischen Gremien".

Erwähnenswert ist noch, dass gemäß § 3 Abs. 5 als erhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 Ziff. 1 BKleingG Duldungen des Zwischenpächters nach Kenntnisnahme von Verstößen gegen die Vorgaben der Laubengröße und gegen das Verbot der dauerhaften Wohnnutzung einer Kleingartenlaube gelten.

Ferner regelt § 3 Abs. 3 das Recht der Verpächterin zur Durchgriffskündigung.

II. Zur Kleingartenordnung

Diese enthält vor allem als Generalklauseln ökologisch sinnvolle Regeln, beispielsweise in § 2 hinsichtlich der Versiegelung und in § 8 Ziff. 1 hinsichtlich der Abfallentsorgung und Kompostierung.

Allerdings sind die Detailvorschriften teilweise bedenklich.

Gemäß § 2 Satz 3 sollen bestimmte Flächenanteile in den Kleingartenparzellen "kleingärtnerisch" genutzt sein. Fraglich ist angesichts des Umstandes, dass zur kleingärtnerischen Nutzung auch, wenn auch in zweiter Linie, die Erholungsnutzung gehört, welche Nutzungen auf der übrigen Flächen zulässig sind.

Gemäß § 4 1.4 ist die Aufstellung eines Gerätehauses bis zur Höhe von 2,2 m und einer Grundfläche von 3,26 qm zulässig. Angesichts des Umstandes, dass nach der BGH-Rechtsprechung die Laube zur Aufbewahrung der Geräte dient, führt die zusätzliche Genehmigung der Aufstellung eines Gerätehauses dazu, dass dann die Laube ausschließlich der Erholung dient.

Gemäß § 4 1.8 ist nunmehr auch die Errichtung und Benutzung bestimmungsgemäß auf Dauer fest errichteter Grillkamine mit einer Grundfläche bis 1 qm und einer Höhe von bis zu 1,80 m erlaubt.

Welchen Stellenwert der Erholungsnutzung eingeräumt wird, ergibt sich aus der Zulässigkeit von Sat-Antennen und der Aufstellung von Fahnenmasten.

Existentiell für eine gärtnerische Nutzung sind Bienen. Nunmehr ist gemäß § 5 1.5 die Bienenhaltung von der nachbarlichen Zustimmung und der Abwesenheit von Allergikern abhängig.

Unzulässig ist gemäß § 5 1.7 der Neu- und Ausbau von Gruben zur Aufbewahrung der saug- und kompostierbaren Naturstoffe bei Trockentoiletten-Nutzung.

Dies hängt wohl damit zusammen, dass, wie aus § 9 des Generalpachtvertrages hervorgeht, eine Abwasserentsorgung in den Kleingartenanlagen nunmehr installiert werden soll, was wiederum die Erholungsnutzung fördert.

Ausgeschlossen ist nunmehr gemäß § 5 1.8 und § 9 1 Satz 2 die "Fäkaldüngung". Dies schließt es wohl zunächst aus, dass der durch die Benutzung von Trockentoilletten gewonnene Kompost verwendet wird. Fraglich ist, ob damit auch ein Verbot des Einsatzes von Pferdemist und Rinderdung, den es auch in getrockneter Form kommerziell zu erwerben gibt, intendiert ist. Der weitgehende Ausschluss des Düngers tierischer Herkunft würde eine wesentliche Beeinträchtigung einer ökologischen gartenbaulichen Nutzung darstellen.

Gemäß § 5 2.3 ist auch das Verbrennen von Pflanzenteilen und "sonstigen Materialien" verboten. Dies wirft die Frage auf, womit die nunmehr zulässigen Grillkamine befeuert werden sollen.

Gemäß § 7 1 Satz 2 ist eine Extensiv-Pflege der Einzelparzellen, die zu einer Verwilderung der Flächen führt, nicht zulässig. Damit geht einher, dass gemäß § 5 2.2 das Lagern von Grünschnitt außerhalb von Kompostierungsanlagen verboten ist.

Dies zeigt, dass die Kleingartenordnung vom Leitbild des "ordentlichen" Gartens ausgeht, der auch den erholungssuchenden Nachbarn einen "erfreulichen Anblick" bietet.

"Mit Mischkultur und Mulch sieht ein Biogarten nie so gewohnt-ordentlich aus wie ein chemiegestützter Garten. Der Gartenfreund wird noch ein übriges tun, und so außerordentlich unordentliche Dinge wie Laub unter der Hecke, Steine und Reisighaufen in einer Ecke dulden. Er schafft damit Lebensraum für viele winzige Helfer: Nützliche Insekten nisten hier, der Igel überwintert, Eidechsen und Kröten finden ein Zuhause, Vögel eine wichtige Lebensgrundlage. Je größer die Artenvielfalt, die durch alle Pflegemaßnahmen zusammengenommen geschaffen wird, desto weniger störanfällig ist das Ökosystem Garten. Denn das ökologische Gleichgewicht stabilisiert sich in dem Maße, in dem die Artenvielfalt wächst. In einem Garten im biologischen Gleichgewicht werden Insekten nicht in einer solchen Zahl auftreten, dass sie zu Schädlingen werden, und Krankheitserreger finden widerstandsfähige Pflanzen vor, die sie nicht so leicht angreifen können." (Claudia und Reinold Fischer, Das große Biogarten Handbuch, München 1989, S. 16)

Dieses Zitat macht deutlich, dass "Sauberkeit und Ordnung" mit ökologischen Belangen in der Hortikultur oftmals unvereinbar sind.

Auch diese Regelungen bieten somit eine Handhabe, ökologisch denkende und arbeitende Kleingärtner, die leider sehr selten sind, auszugrenzen. Sie ermöglichen somit, eine homogene Nutzerstruktur in den Kleingärten zu erzielen, die der Auffassung des Stadtverbandsvorstandes von der Erst- und Vorrangigkeit der Erholungsnutzung teilt, welche jedoch, wie oben ausgeführt, mit Bundesrecht nicht zu vereinbaren ist.

Ferner wird durch diese Regelungen eine Flächenkompostierung ausgeschlossen.

Gemäß § 9 1 Satz 1 bleibt der Einsatz nitrat- und phosphathaltiger Düngemittel erlaubt. Den dort enthaltenen Einschränkungen ist eine praktische Bedeutungslosigkeit zu prognostizieren. (Was heißt schon "in sparsamster Weise"?).

Erfreulich ist, dass nunmehr gemäß § 9 2 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf biologische Präparate beschränkt bleibt.

Bedenklich ist, dass keine Vorschriften über eine Mindestanzahl von Obstbäumen gefunden werden konnten. Insoweit erscheint eine Ergänzung der Kleingartenordnung geboten.

Stand: 15.01.2005


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